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Gesundheitspolitik: Steuerfinanzierung heizt Debatte neu an

Im Ringen um die Gesundheitsreform sind Spekulationen über eine stärkere Steuerfinanzierung in den Mittelpunkt gerückt. Die Krankenkassenbeiträge sollen demnach durch Steuerzuschüsse gesenkt werden.

Berlin - Das Bundesgesundheitsministerium wollte am Donnerstag keine Stellung zu Berichten beziehen, wonach die Koalitionsspitzen eine Senkung der Krankenkassenbeiträge durch massive Steuerzuschüsse erwägen. "Das ist alles noch nicht entschieden", sagte ein Ministeriumssprecher. Saar-Ministerpräsident Peter Müller (CDU) lehnte eine teilweise Finanzierung des Gesundheitswesens durch neue Steuererhöhungen ab. Die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der Union (MIT) schlug derweil statt eines Gesundheitsfonds eine "Kinderprämie" vor.

Laut "Handelsblatt" vom Donnerstag soll in der großen Koalition ein Steuerzuschuss von 30 bis 45 Milliarden Euro im Gespräch sein, um die Beitragssätze um drei Prozentpunkte zu senken. Der Steuerzuschuss solle in drei Stufen zwischen 2008 und 2010 eingeführt werden, zur Finanzierung seien neue Erhöhungen bei Einkommen- und Verbrauchsteuern geplant. Auch in der "Süddeutschen Zeitung" war von einem zweistelligen Milliardenbetrag die Rede. Angesichts der neuen Spekulationen über Details der Reform hatte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) am Mittwoch klargestellt, dass die Koalition Anfang Juli Eckpunkte vorlegen wird.

Müller: "Steuererhöhung völlig unsinnig"

Müller sagte im Fernsehsender N24 zu dem "Handelsblatt"-Bericht: "Jeder will was wissen, obwohl nichts entschieden ist." Deshalb werde "jeden Tag eine neue Meldung verbreitet, die einen wenig realistischen Hintergrund hat". Der Saar-Regierungschef erinnerte daran, dass die Verbrauchssteuern gerade erhöht worden seien. "Und da jetzt über eine nochmalige Erhöhung mit einem Volumen von 40 Milliarden Euro zu reden, ist völlig unsinnig."

Der SPD-Parlamentsgeschäftsführer Olaf Scholz wollte sich zu den Berichten nicht äußern. Es werde über vieles berichtet, was aus den Verhandlungsgremien heraussickere, auch Dinge, die dort von Niemandem vorgeschlagen worden seien. "Dabei ist der Anteil des nicht Vorgeschlagenen nicht klein", sagte Scholz. Zudem könnten einzelne Aspekte des Verhandlungspakets "nur im Gesamtbild" beurteilt werden.

FDP: "Kompromiss mit Geld der Steuerzahler erkauft"

Die FDP warf führenden SPD-Politikern wegen deren Eintretens für eine stärkere Steuerfinanzierung "wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Irrsinn" vor. "Die schwarz-rote Koalition kauft sich in der Gesundheit einen Kompromiss mit dem Geld der Steuerzahler", kritisierte der FDP-Gesundheitsexperte Daniel Bahr.

Der MIT-Vorsitzende Jürgen Presser betonte, was bisher aus den Verhandlungen bekannt geworden sei, "kann nicht zufrieden stellen". Presser regte an, die Krankenversicherung der Kinder aus der Beitragsfinanzierung herauszulösen. Aus Haushaltsmitteln des Bundes sollten die Kassen und Privatbersicherungen dann eine "einheitliche Kinderprämie" für jedes versicherte Kind erhalten.

Unterstützung für Ulla Schmidt vom Seeheimer Kreis

Der rechte Flügel der SPD sicherte derweil Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) seine nachdrückliche Unterstützung zu. Die Union habe sich jahrelange geweigert, zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung einen fairen Wettbewerb herzutellen, erklärten die SPD-Abgeordneten Petra Ernstberger, Klaas Hübner und Johannes Kahrs im Namen des Seeheimer Kreises. In der großen Koalition bestehe nun "die sozialpolitisch historische Chance, diesen fairen Wettbewerb zu organisieren". (tso/AFP)

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