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Gesundheitsreform: CSU sperrt sich und warnt vor Koalitionsstreit

Die CSU bleibt bei der geplanten Gesundheitsreform weiter renitent und sieht den Fortbestand der großen Koalition gefährdet - sollten sich nicht noch Änderungen ergeben.

Berlin - Im Streit um die Gesundheitsreform beharrt die CSU auf deutlichen Korrekturen am Gesetzentwurf und warnt vor einem Koalitionskrach. CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer forderte Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) dazu auf, umgehend verlässliches Zahlenmaterial auf den Tisch zu legen. Solange dies nicht der Fall sei, "können wir dem Reformpaket im Bundestag nicht zustimmen." Schmidt forderte ihrerseits die CSU zum Einlenken auf.

Länder wie Bayern und Baden-Württemberg kritisieren die Reform, weil sie Mehrbelastungen einheimischer Krankenkassen fürchten. Schmidt sprach von einer "überflüssigen Zahlendebatte". Sie wies darauf hin, dass nach der vereinbarten "Konvergenzklausel" kein Land mit mehr als 100 Millionen Euro im Jahr belastet werden könne. Sie betonte zudem: "Die Krankenversicherung ist eine Solidargemeinschaft für alle. Es gibt keine Süd- und auch keine Ost-Solidarität. Es gibt eine gesamtdeutsche Solidarität."

Ramsauer sieht Koalition gefährdet

Ramsauer sieht durch den Streit zunehmend den Zusammenhalt des Regierungsbündnisses gefährdet. Er wolle nicht ausschließen, dass die Gesundheitsreform "zu einer massiven Belastungsprobe für die Koalition wird". Der CSU-Politiker befürchtet, dass es wieder zu einem milliardenschweren Finanzausgleich zwischen starken und schwachen Ländern kommen werde, bei dem Bayern draufzahlen müsse.

Unterstützung erhielten die Gegner der Reform von einer neuen Studie, nach der die Einwohner von Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern besonders stark belastet würden. Der geplante Gesundheitsfonds belaste einkommensstarke Länder und Krankenkassen stärker. Profiteur sei Ostdeutschland, berichtet "Die Welt" unter Berufung auf die Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) zur Verteilwirkung des Fonds.

Kauder beschwört Geschlossenheit von CSU und CDU

Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) rechnet unterdessen mit einem pünktlichen Start der Reform im April 2007. Den Zeitplan sehe er "überhaupt nicht in Gefahr". Zu den CSU-Bedenken sagte er, ein Gutachten werde Anfang Januar klären, wie die Länder belastet würden. "CDU und CSU machen in der Gesundheitsreform wie überhaupt in dieser großen Koalition geschlossene, gemeinsame Sache", unterstrich Kauder.

Derweil stehen die gesetzlichen Krankenkassen zunehmend unter Druck. Der Chef der Barmer Ersatzkasse, Johannes Vöcking, verwies auf sinkende Bundeszuschüsse und höhere Ausgaben. Diese Zwangslage werde durch die Gesundheitsreform verschärft. Ob es 2007 zu weiteren Beitragserhöhungen kommt, hängt laut Vöcking von den Kompromissen zur Gesundheitsreform ab.

Nach Ansicht des SPD-Experten Karl Lauterbach sind die AOK-Landesverbände alleine nicht lebensfähig. Ohne eine Fusion aller 16 AOK-Verbände drohten höhere Beiträge, weil viele Verbände hochverschuldet seien und keine Altersrückstellungen gebildet hätten. Laut "Focus" werden nach einer Hochrechnung des Gesundheitsministeriums bis Ende 2008 rund 100 der derzeit 240 gesetzlichen Kassen der Reform zum Opfer fallen - durch Fusion oder wegen Insolvenz. (tso/ddp)

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