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Gesundheitsreform: Koalition setzt Arbeitsgruppen ein

Die Gesundheitsreform bekommt Konturen: Beim zweiten Spitzentreffen der Koalition verständigten sich Union und SPD am späten Mittwochabend grundsätzlich auf Reformziele.

Berlin - Mit der Reform soll die Finanzbasis des Gesundheitswesen ab 2007 längerfristig gesichert werden. Es wurden zwei Arbeitsgruppen von Union und SPD eingerichtet, die bis zum Sommer die Reform erarbeiten sollen, erfuhr die dpa im Anschluss aus Teilnehmerkreisen. Zu den Zielen zählten ein allgemeiner Versicherungsschutz, die solidarische Finanzierung sowie die Teilhabe aller Bürger am medizinischen Fortschritt.

Bei dem zweiten Treffen innerhalb einer Woche bei Kanzlerin Angela Merkel (CDU) nahmen erstmals auch Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) und Unions-Fraktionsvize Wolfgang Zöller (CSU) teil. Beide wollen an diesem Donnerstag die Öffentlichkeit über das Treffen informieren. Die Arbeitsgruppen wollen in den nächsten vier Wochen die Ziele konkretisieren.

Der Chef des AOK-Bundesverbandes, Hans Jürgen Ahrens, forderte unterdessen mehr Wettbewerb zwischen den Versicherungen. Die gesetzlichen Kassen "brauchen mehr Möglichkeiten, den Versicherten verschiedene Tarife anbieten zu können", sagte er der Zeitung "Die Welt" (Donnerstag). Dies sei derzeit nur über die Kooperationen mit privaten Krankenversicherern möglich. Ziel einer Gesundheitsreform müsse auch sein, Wettbewerbsverzerrungen zu beseitigen. "Dazu gehört zum Beispiel, dass privat Krankenversicherte, die in die gesetzlichen Krankenkassen zurückkehren, ihre Altersrückstellungen mitbringen."

Vor Beginn des Gesprächs sagte Zöller, Patienten sollten mit der Reform mehr Wahlmöglichkeiten erhalten. Das Gesundheitssystem solle insgesamt "patientenfreundlicher" werden. Die Gesundheitsreform müsse nachhaltig sein, damit nicht ständig nachjustiert werden müsse, sagte Zöller. Erreichen will die große Koalition eine solide Kassenfinanzierung und eine Strukturreform für mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen.

Nach einem Bericht der "Sächsischen Zeitung" ist die Steuerfinanzierung der Krankenversicherung für Kinder - rund 14 Milliarden Euro - praktisch vom Tisch. Merkel und Schmidt seien sich weitgehend einig, dieses von der Union favorisierte Konzept nicht mehr zu verfolgen. Die Steuerfinanzierung sei im Bundeshaushalt "nicht zu stemmen", wurden Regierungskreise zitiert.

Vor der zweiten Koalitionsrunde kritisierte SPD-Präsidiumsmitglied Andrea Nahles die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen. Die Gespräche seien "als eine geheime Kommandosache der Regierung angelegt", sagte Nahles dem Magazin "Stern".

Der sozialpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Klaus Brandner, bekräftigte, die Aufwendungen für die Gesundheit müssten solidarisch finanziert werden. "Die guten Risiken dürfen sich nicht rausstehlen und wir müssen die Einnahmebasis verbreitern", sagte er im Fernsehsender n-tv. Wichtig sei auch, dass die Arbeitgeber weiter an der Dynamik der Ausgabenentwicklung teilnehmen.

Nahles zeigte sich auch mit der eigenen Partei unzufrieden: Wer versuche, die Verhandlungslinie der SPD herauszufinden, "fühlt sich, als ob er in Watte greift". Sie warf Merkel mangelnde Führung vor. Diese habe mit ihrer Aussage, Medizin werde tendenziell teurer, das Vorurteil bestätigt, den Politikern falle "nichts ein außer einer Belastung der Bürger". Die Regierung müsse "an die Ausgaben ran".

Die Privaten Krankenversicherungen (PKV) wollen ihr Zugeständnis, ehemalige Privatversicherte in Notsituationen wieder aufzunehmen, nicht davon abhängig machen, ob auch die gesetzlichen Kassen sich ähnlich verpflichten. Der Vorsitzende des Verbands der privaten Krankenkassen (PKV), Reinhold Schulte, forderte im Deutschlandradio Kultur aber auch von den gesetzlichen Kassen die Öffnung für ehemalige Versicherte. Den Unionsvorschlag einer "kleinen Kopfpauschale" kritisierte der PKV-Chef als "bürokratisches Monster".

(tso/dpa)

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