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Gesundheitsreform: Weniger Einsparungen als erwartet

Einem Medienbericht zufolge werden die Krankenkassen durch die Gesundheitsreform weniger entlastet als vorgesehen. Verbraucherschutz- minister Horst Seehofer forderte, die Sparpotenziale "knallhart" umzusetzen.

Berlin/Hamburg - Seehofer sagte gegenüber dem Tagesspiegel am Sonntag, die Gesundheitsreform sei eine "Herkulesaufgabe" für die große Koalition. Gleichzeitig forderte der CSU-Politiker "strikte Ausgabendisziplin" ein, sonst könne die Reform schnell deutlich mehr kosten. Daran werde sich die Gesundheitsreform am Ende messen lassen müssen. Skeptisch äußerte sich der frühere Gesundheitsminister zum Anspruch führender Koalitionspolitiker, wonach die Reform mindestens 15 Jahre Bestand haben solle. Selbst bei den mutigsten Sozialreformen werde "man immer nach einigen Jahren nachjustieren müssen".

Das Hamburger Nachrichtenmagazin "Spiegel" berichtete unter Berufung auf ein internes Finanzpapier des Gesundheitsministeriums, dass die Gesundheitsreform den Krankenkassen deutlich weniger Einsparungen bringen könnte als angekündigt. Danach führen die von Union und SPD vereinbarten Eckpunkte zur Gesundheitsreform in den kommenden drei Jahren lediglich zu Kostensenkungen von insgesamt rund 5,3 Milliarden Euro. Nach der Verabschiedung der Eckpunkte hatte der Verhandlungsführer der Union, Wolfgang Zöller, noch eine mehr als doppelt so hohe Summe in Aussicht gestellt. Nach Angaben von Ministeriumssprecher Klaus Vater handelt es sich bei den 5,3 Milliarden Euro um die "absolute Untergrenze".

Den größten Sparbeitrag erwartet Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) laut "Spiegel" im Pharmabereich. So soll der verschärfte Wettbewerb zwischen Kassen, Apotheken und Arzneimittelherstellern die Kosten für Medikamente jährlich um rund eine Milliarde Euro drücken. Ähnlich große Einsparungen soll die Ausschreibung von Hilfsmitteln, die Absenkung der Klinikbudgets sowie die Deckelung bei den Fahrtkosten bringen.

Ministerium sieht Potenzial für weitere Einsparungen

Mit dem Plan, die Folgekosten von Schönheitsoperationen aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung zu streichen, lassen sich nach den Kalkulationen des Ministeriums dagegen nur rund 60 Millionen Euro jährlich sparen, schreibt das Nachrichtenmagazin. Zudem habe die Regierung die Ausweitung zahlreicher Leistungen wie Eltern-Kind-Kuren beschlossen, was den Effekt der Reform zusätzlich dämpfen werde. So würden Verbesserungen oder Rehabilitations-Maßnahmen für Ältere 2007 zusammen rund 300 Millionen Euro erfordern. 2009 werde der Mehraufwand dafür sogar auf knapp 600 Millionen Euro steigen.

Nach Angaben von Vater sind die 5,3 Milliarden Euro die "nackten, absolut feststehenden Zahlen". Die Wirkung der Gesundheitsreform werde in den nächsten Jahren darüber hinausgehen, sagte er am Samstag auf Anfrage in Berlin. Der Sprecher verwies darauf, dass die Kassen ab Januar 2007 mit Apothekern Rabatte aushandeln können, wie dies bereits bei den Pharmaherstellern möglich sei. Da gebe es Potenzial für weitere Einsparungen.

Unionsfraktionschef Volker Kauder warnte die gesetzlichen Krankenkassen vor Protesten gegen die Gesundheitsreform. "Die Kassen sind Körperschaften öffentlichen Rechts", sagte er der "Welt am Sonntag". Sie sollten sich zurückhalten und ihr Geld für die Gesundheit ausgeben, nicht für Kampagnen. Zahlreiche gesetzliche Kassen haben für den Sommer Protestaktionen gegen die Reform angekündigt. Die Kassen kritisieren vor allem die geplante Einrichtung eines Gesundheitsfonds, aus dem die Versicherungen einen Einheitsbetrag für jedes Mitglied erhalten sollen. (tso/ddp/AFP)

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