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Politik: Gewalt von Rechts: Spiegel: Zu wenig Widerstand gegen Rechtsextremismus

Am ersten Jahrestag seines Amtsantritts hat der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland eine verhaltene Bilanz gezogen. "Ich konnte nicht ahnen, dass die Straftaten mit rechtsradikalem und antisemitischem Hintergrund so eskalieren würden, wie sie das im Sommer und Herbst des vergangenen Jahres getan haben", sagte er am Dienstag im Hessischen Rundfunk.

Am ersten Jahrestag seines Amtsantritts hat der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland eine verhaltene Bilanz gezogen. "Ich konnte nicht ahnen, dass die Straftaten mit rechtsradikalem und antisemitischem Hintergrund so eskalieren würden, wie sie das im Sommer und Herbst des vergangenen Jahres getan haben", sagte er am Dienstag im Hessischen Rundfunk. Insofern habe sein anfänglicher Optimismus einige Dellen bekommen. Spiegel rief wieder zum engagierten Kampf gegen Rechts auf.

Im ZDF-Morgenmagazin beklagte der Zentralratspräsident abermals, dass der Rechtsextremismus in Deutschland heutzutage nicht dieselbe einhellige Ablehnung erfahre wie der Linksterrorismus der Roten-Armee-Fraktion in den 70er Jahren. Zwar spreche sich die überwältigende Mehrheit der Bundesbürger gegen rechte Gewalt aus, doch folge dann häufig ein Aber - der Zusatz, dass es aber auch zu viele Ausländer in Deutschland gebe, die Probleme schafften, und so weiter. Dies sei als "eine gewisse Zustimmungsbereitschaft" zu den Thesen der Rechten zu werten, kritisierte Spiegel.

Positiv reagierte er auf die Initiative von Bundesinnenminister Otto Schily, Aussteigern aus der rechten Szene bei diesem Schritt zu helfen. "Ich begrüße das sehr und finde das eine gute Lösung, jungen Menschen die Chance zu geben, da rauszugehen", sagte Spiegel im Hessischen Rundfunk. Er selbst wolle sich in der kommenden Woche mit der Vorsitzenden der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Eva-Maria Stange, treffen, um über die Entwicklung neuer Lehrmethoden an den Schulen zu sprechen. Es gehe darum, "junge Menschen zu überzeugen, dass blinder Rassismus nur ins Verderben führen kann".

Niedersachsen bereitet derweil nach Angaben von Justizminister Christian Pfeiffer (SPD) als erstes Bundesland ein Aussteigerprogramm für rechtsextreme Straftäter vor. In Kooperation mit Vollzugsbeamten, Bewährungshelfern und Mitarbeitern der Jugendhilfe gehe es darum, jenen zu helfen, die bereit seien, sich von der rechtsextremen Szene zu lösen, sagte Pfeiffer am Montag vor Journalisten in Hannover. Zur Finanzierung des Programms setze er mittelfristig auch auf Gelder und Unterstützung von außen, unter anderem aus der Wirtschaft. Darüber hinaus kündigte der seit Dezember amtierende Minister eine Initiative zur Hilfe für Opfer von Gewalttaten an.

Das bereits von Schily angekündigte Ausstiegsprogramm für Rechtsextremisten sei ein viel versprechender Weg. "Das muss jetzt allerdings von den Ländern mit Leben gefüllt werden", sagte Pfeiffer. Erfahrungen in Schweden hätten gezeigt, dass nur gezielte individuelle Gespräche und Angebote die Chance böten, rechte Gewalttäter zum Ausstieg zu bewegen. In Niedersachsen erwartet Pfeiffer, dass von den 100 bis 150 rechtsextremen Strafgefangenen etwa jeder fünfte offen für ein Ausstiegsangebot sein könne.

Neben Zeugenschutz gebe es ein Bündel von denkbaren Angeboten wie eine vorzeitige Entlassung oder Hilfen bei Wohnungssuche, bei der Berufsausbildung oder auch bei der Jobsuche. "Das kostet Geld", sagte Pfeiffer. Das Land könne aus dem "Programm gegen Rechts" den Start mit zwei Sozialarbeitern als Koordinatoren finanzieren. "Aber ich suche Partner, die uns dabei helfen, die Rechten zu schwächen", sagte Pfeiffer.

Dem am 23. Mai 2000 gegründete "Bündnis für Demokratie und Toleranz - gegen Extremismus und Gewalt" haben sich mittlerweile rund 600 Initiativen angeschlossen. Damit sei daraus eine Art Gegenoffensive gegen rechtsextremistische Gewalt geworden, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, Cornelie Sonntag-Wolgast (SPD), am Dienstag.

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