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Politik: Gezielt gestichelt

Peter Struck hat die SPD-Fraktion bei der Föderalismusreform auf Kurs gebracht – mit allen Mitteln

Berlin - Wenn die Abgeordneten der großen Koalition an diesem Freitag in namentlicher Abstimmung über die Föderalismusreform entscheiden, geht es auch um Autorität und Führungskraft von Peter Struck. Der SPD-Fraktionsvorsitzende, so viel steht fest, nähme politisch schweren Schaden, würde Schwarz-Rot die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit wegen mangelnder Unterstützung der Sozialdemokraten verfehlen. Anders als noch zu Wochenbeginn sah es danach am Donnerstag aber nicht mehr aus.

Dass die Zahl der potenziellen Verweigerer bis zum Vorabend der Abstimmung von geschätzten 60 auf das „undramatische Maß“ von rund 20 gesunken ist, wie aus Fraktionskreisen verlautete, halten etliche SPD-Abgeordnete vor allem ihrem Vorsitzenden zu Gute. Im Wissen um den breiten Widerstand in seiner Fraktion hatte Struck am Sonntagabend im Koalitionsausschuss auf Korrekturen an dem Gesetzespaket im Hochschulbereich bestanden. Ohne dieses Zugeständnis, das sagen selbst Reformskeptiker wie der SPD-Umweltpolitiker Marco Bülow, wäre die Staatsreform ganz sicher gescheitert. „Wenn Struck die Tür nicht geöffnet hätte, hätten wir mehr als 50 Gegenstimmen bekommen. Er hat das Paket wieder aufgeschnürt. Das hätten nicht viele Fraktionsvorsitzende gemacht.“

Im Koalitionsausschuss zog sich Struck damit freilich den Zorn der Union zu.Die Dame und die Herren von CDU und CSU waren an diesem Sonntagabend im Kanzleramt ohnehin schlecht auf ihn zu sprechen, denn am Morgen hatten sie in der Zeitung lesen müssen, dass dem SPD-Fraktionschef ein SPD-Kanzler Schröder lieber wäre als eine CDU-Kanzlerin Merkel. Die Regierungschefin sollen Strucks Interview-Äußerungen in der Runde zu einer drastischen Bemerkung veranlasst haben.

In Nachhinein wird in der SPD selbst das zur gezielten Stichelei, zum kalkulierten Konflikt (v)erklärt: Strucks versteckte Merkel-Schelte sei eine Maßnahme gewesen, um das Herz der Genossen zu wärmen, ihnen zu signalisieren, dass ihr Fraktionschef weder Union noch Kanzlerin fürchtet, dass er für sie kämpft. So einem falle es leicht, an die Loyalität der Parlamentarier zu appellieren, wie es Struck am Dienstag vor der Fraktion dann auch getan habe. Dabei muss er den Ton gut getroffen haben. Nahezu alle Redner hätten seinen Einsatz für Nachbesserungen hervorgehoben, beteuern Teilnehmer.

Struck selbst wirkt vor der Abstimmung recht gelassen. Auf dem Sommerfest der SPD-Fraktion am Mittwochabend mahnte er die Abgeordneten scherzhaft , nicht so viel zu trinken: „Bis Freitag müssen alle wieder nüchtern sein, damit beim Föderalismus keiner aus der Kiepe springt!“ Dann widmete er sich wieder den „neuen Freunden“ von der Union. Vor versammelter Mannschaft und im Beisein von Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) versicherte er: „Ich bin nach wie vor der Meinung, dass es besser wäre, wenn ein Sozialdemokrat Kanzler wäre.“

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