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Politik: Gezielter Angriff auf Deutsche? Ferngezündete Bombe explodiert in Kundus neben Bundeswehrfahrzeug / Vier Afghanen getötet

Berlin - Die Bundeswehr im nordafghanischen Kundus ist zum ersten Mal indirekt Ziel eines Terroranschlags geworden. Mittwoch früh detonierte im Zentrum der Stadt ein offenbar ferngezündeter Selbstbausprengsatz dicht neben einem Auto der deutschen Truppe, die Teil des internationalen Isaf-Einsatzes ist.

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Berlin - Die Bundeswehr im nordafghanischen Kundus ist zum ersten Mal indirekt Ziel eines Terroranschlags geworden. Mittwoch früh detonierte im Zentrum der Stadt ein offenbar ferngezündeter Selbstbausprengsatz dicht neben einem Auto der deutschen Truppe, die Teil des internationalen Isaf-Einsatzes ist. Zwei Schulkinder, ein alter Mann und der afghanische Fahrer des Jeeps starben, ein weiteres Kind wurde nach Angaben aus der Bundeswehr und der afghanischen Behörden verletzt. Deutsche Soldaten waren nicht in der Nähe, weil der Wagen auf dem Weg zu einer Werkstatt war.

Unklar blieb zunächst, ob der Anschlag direkt auf die deutsche Truppe zielte oder dem einheimischen Inhaber der Werkstatt galt. Der Mann hatte schon vor einiger Zeit Morddrohungen erhalten, weil er mit der Bundeswehr zusammenarbeitet. Unklar war auch, wer genau hinter dem Anschlag steckte. Das Muster, eigene Landsleute als Kollaborateure zu attackieren, könnte aber auf Taliban oder mit ihnen verbündete Miliztruppen hindeuten, die mit solchen Aktionen zunehmend Unsicherheit im Land zu verbreiten versuchen. In Kundus bilden rund 250 Bundeswehrsoldaten das erste so genannte Provinz-Wiederaufbauteam. Ein zweites Team soll in Faisabad in der Nachbarprovinz Badachschan eingerichtet werden. Dafür sucht die Bundeswehr nach eigenen Angaben jedoch noch nach Partnern.

Für Joachim Bönisch, Projektleiter der Welthungerhilfe in der Region kam der Anschlag nicht überraschend: „Wir werden immer stärker zum Ziel“, sagte er dem Tagesspiegel. Vor allem der ehemalige Premier und Kriegstreiber Gulbuddin Hekmatjar habe sich vorgenommen, alle Ausländer aus Afghanistan zu vertreiben – egal, ob sie als Soldaten oder zivile Helfer gekommen seien. Hekmatjar gilt als einer der gefährlichsten Feinde der neuen Ordnung und soll sich vor einiger Zeit mit den Taliban verbündet haben. Er stammt aus dem Norden Afghanistans, also dem Einsatzgebiet der Bundeswehr. „Nach unseren Informationen versucht er derzeit, seinen Einfluss in der Region auszubauen“, sagt Bönisch. Konkret: Der Kriegsherr kaufe sich Gefolgsleute und lasse Flugblätter verteilen, auf denen zum Kampf gegen Ausländer aufgerufen werde.

Die Kabuler Regierung lastet Hekmatjar eine Reihe von Anschlägen an. Das Einsatzgebiet der Bundeswehr im Norden Afghanistans galt bisher zwar als ruhig, doch auch hier haben die Angriffe auf Ausländer in der jüngsten Zeit zugenommen. Vor knapp einer Woche waren bei einem Überfall auf einen Trupp chinesischer Bauarbeiter südlich von Kundus elf Chinesen und ein afghanischer Polizist erschossen worden; in der östlichen Nachbarprovinz von Kundus wurde nach Angaben Bönischs zudem ähnlich wie bei dem Anschlag in Kundus ein Fahrzeug der UN mit einer ferngezündeten Bombe angegriffen. „Die wenigen Soldaten der Bundeswehr können die Region einfach nicht kontrollieren, und gegen Bombenanschläge haben sie schon gar keine Chance“, erklärte der Helfer.

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