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Politik: Giftmord: London klagt KGB-Mann an

Britische Justiz sieht Mordbeweis im Fall Litwinenko / Blair fordert Auslieferung, Moskau weigert sich

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Im Fall des vergifteten Ex-Spions Alexander Litwinenko hat die britische Justiz einen früheren KGB-Mann des Mordes angeklagt. Die britische Regierung fordert von Moskau, Andrej Lugowoj auszuliefern. Dem Russen wird vorgeworfen, den früheren KGB-Agenten Litwinenko mit der radioaktiven Substanz Polonium getötet zu haben. „Wir haben genügend Beweise“, sagte Generalstaatsanwalt Ken Macdonald am Dienstag in London, ohne weiter ins Detail zu gehen.

Russische Behörden lehnten eine Auslieferung ab. In Moskau wurde der Haftbefehl gegen Lugowoj als indirekter Vorwurf gewertet, der Machtapparat um Präsident Wladimir Putin sei in den Fall verwickelt. Die russisch-britischen Beziehungen dürften sich dadurch weiter verschlechtern. Lugowoj selbst nannte die Vorwürfe gegen ihn politisch motiviert. Er habe Litwinenko nicht getötet, sagte er am Dienstag. Zugleich kündigte Lugowoj baldige Enthüllungen an, die „eine Sensation für die öffentliche Meinung in Großbritannien“ sein würden und die Sicht des mysteriösen Todesfalls grundlegend verändern könnten.

Die britische Außenministerin Margaret Beckett sagte, sie erwarte „die volle Kooperation der russischen Behörden, um den mutmaßlichen Täter der britischen Justiz zu übergeben“. Ein Sprecher von Premier Tony Blair sagte, die Regierung sehe diesen Fall als sehr ernst an. Russland müsse der Forderung nach Auslieferung nachkommen. Der britische Staatsbürger Litwinenko war im November in einem Londoner Krankenhaus gestorben. Drei Wochen zuvor hatte er sich mit Lugowoj getroffen. In einer nach seinem Tod veröffentlichten Erklärung hatte Litwinenko Putin für den Giftanschlag verantwortlich gemacht.

Britische Ermittler hatten den ebenfalls erkrankten Lugowoj im Dezember in Moskau vernommen. Die Ermittlungen hatten zu Spannungen zwischen Großbritannien und Russland geführt.

Die russische Generalstaatsanwaltschaft lehnt eine Auslieferung Lugowojs ab. Nach russischen Gesetzen könne ein russischer Bürger nicht an einen ausländischen Staat ausgeliefert werden, sagte eine Sprecherin. Sie wollte jedoch nicht ausschließen, dass Lugowoj „in Russland strafrechtlich zur Verantwortung gezogen“ werde. Gesetzliche Möglichkeiten für eine Auslieferung bestünden durchaus, sagte der Vorsitzende des Ausschusses für Verfassungsrecht im russischen Senat, Jurij Scharandin. Der außenpolitische Sprecher der Staatsduma, Konstantin Kossatschow, warnte London vor einer Verschlechterung der Beziehungen. „Sollten wir zu der Überzeugung kommen, dass die Schlussfolgerungen der Briten politisch und nicht juristisch sind, so hätte das äußerst negative Auswirkungen auf unsere Beziehungen“, sagte er.

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