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Gipfeltreffen: Nato vermeidet Scheitern nur knapp

Nach erbittertem Streit hat die Türkei ihre Blockadehaltung aufgegeben: Der dänische Regierungschef Anders Fogh Rasmussen wird der neue Nato-Generalsekretär und wird sein Amt zum 1. August antreten. Die Türkei erhält im Gegenzug ranghohe Posten.

In einer ersten Reaktion sagte Rasmussen: "Ich werde alles tun, was ich kann, um dem Vertrauen gerecht zu werden, das meine Kollegen mir gezeigt haben." Anfang kommender Woche wird er von seinem Amt als Premier zurücktreten, ihm nachfolgen soll sein rechtsliberaler Parteikollege und Namensvetter Lars Løkke Rasmussen, der derzeitige Finanzminister der liberal-konservativen Minderheitsregierung.

"Das ist ein ganz besonderer Moment", sagte auch der bisherige Nato-Chef, der Niederländer Jan de Hoop Scheffer. Er freue sich sehr und sei vollkommen überzeugt, dass Rasmussen der richtige Mann sei, um den Wandel der Nato zu begleiten. Nach einigen Diskussionen herrsche in der Chefrunde jetzt völlige Einigkeit.

Besonders Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich massiv für den Dänen eingesetzt. "Zum Schluss hat doch die Kraft gesiegt, Einigkeit zu zeigen, weil die Welt vor so vielen Problemen steht, dass kein Mensch Verständnis hätte, wenn wir es nicht geschafft hätten, uns auf eine Personalie zu einigen." Sie fahre sehr zufrieden nach Hause.

Obama war treibende Kraft

Diplomaten berichteten, dass US-Präsident Barack Obama die treibende Kraft war, um Rasmussen doch noch durchzusetzen. In einem gemeinsamen Gespräch mit dem türkischen Präsidenten Abdullah Gül und Rasmussen soll er die Bedenken Ankaras ausgeräumt haben. Dabei soll er dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan einige Garantien gegeben haben.

Erdogan sagte dazu in einem Interview mit einem türkischen TV-Sender: "Die Türkei will, dass der kurdische Sender Roj TV geschlossen wird." Rasmussen wollte prüfen, ob der Sender in terroristische Aktivitäten verwickelt sei. "Wir nehmen die türkischen Hinwendungen sehr ernst, denn wir sind gegen jede Form von Terrorismus." Darüber hinaus forderte Edogan, dass die gestörten Beziehungen zu den islamischen Staaten verbessert werden. Türkische Sender berichteten zudem, ein Türke soll einer der beigeordneten Stellvertreter Rasmussens werden.

Mit der Ernennung Rasmussens bleibt der Nato eine peinliche politische Hängepartie erspart. Noch bis zum Mittag hieß es, dass Ankara der Kandidatur des Dänen nicht zustimmen werde. Sowohl Gül als auch Erdogan hatten Rasmussen vorgeworfen, nichts gegen den kurdischen Sender Roj-TV unternommen zu haben. Zudem habe Rasmussen im Streit um die Mohammed-Karikaturen in dänischen Zeitungen kein Verständnis für die Kritik islamischer Staaten gezeigt.

Eigentlich wollten sich die Gipfelteilnehmer bereits beim Abendessen am Freitag im Kurhaus in Baden-Baden auf Rasmussen als ihren gemeinsamen Kandidaten einigen. Das scheiterte aber am Veto der Türkei. Dementsprechen frostig wirkte da auch die heutige Begrüßung Güls durch Merkel am Fuße der Rheinbrücke, wo sich die Gipfelteilnehmer zu einem symbolischen Spaziergang zur Wiederaufnahme Frankreichs in das Militärbündnis getroffen hatten. Die Kanzlerin stellte sich bei dem Willkommensgruß anders als bei den anderen Staats- und Regierungschefs nicht lächelnd, sondern mit ernstem Gesichtsausdruck den Fotografen. (svo/dpa/rtr)

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