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Politik: Gleiche Entschädigung für alle - der Fonds soll bis Juni gefüllt sein

Bei den Verhandlungen über die Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern in Washington hat es einen wichtigen Durchbruch gegeben. Die von den Opferverbänden abgelehnte Anrechnung früherer Leistungen sei praktisch vom Tisch, sagte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck, der Mitglied der deutschen Delegation ist, in der Nacht zum Dienstag.

Bei den Verhandlungen über die Entschädigung von NS-Zwangsarbeitern in Washington hat es einen wichtigen Durchbruch gegeben. Die von den Opferverbänden abgelehnte Anrechnung früherer Leistungen sei praktisch vom Tisch, sagte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck, der Mitglied der deutschen Delegation ist, in der Nacht zum Dienstag.

"Das ist ein wichtiger Fortschritt", sagte Beck, dessen Fraktion die in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehene Anrechnung ebenfalls abgelehnt hat. "Damit können die Schwerstverfolgten nun den größten Entschädigungsbetrag erhalten." Jetzt müsse es noch gelingen, den willkürlichen Ausschluss bestimmter Opfergruppen von der Entschädigung zu verhindern. Doch auch an diesem Punkt scheint sich eine Einigung abzuzeichnen. Beck äußerte sich zuversichtlich, dass der Streit über die Ausgrenzung einzelner Opfergruppen bald beigelegt werden kann. Die amerikanische Seite habe angedeutet, dass die Rechtssicherheit nicht in Gefahr sei, wenn unter anderem Industriearbeiter mit geringeren Pro-Kopf-Beiträgen entschädigt würden, sagte Beck am Dienstag im Deutschlandfunk.

Der Anwalt der Opfer, Michael Witti, zeigte sich zufrieden über den derzeitigen Verhandlungsstand. Gegenüber dem Tagesspiegel wertete er die Ergebnisse des zweiten Tages als "Zwischenerfolg". Nachdem der Abzug von Vorleistungen bei der Entschädigung keine Rolle mehr spielen würde, könnten KZ-Opfer weltweit den gleichen Betrag erhalten, erklärte Witti. Als weitere Erfolge für die Opfer benannte er präzisere Verzichtserklärungen für Ansprüche aus nationalsozialistischer Verfolgung und die Bereitschaft der Gegenseite, umstrittene Schlüsselkriterien für die Entschädigung sofort zu regeln.

Die Beratungen über die Verteilung der von Bundesregierung und deutscher Wirtschaft zugesagten zehn Milliarden Mark hatten zunächst am Montag mit erheblichen Differenzen begonnen. Die Opferanwälte warfen der deutschen Seite vor, sie verschleppe die Entschädigung der Nazi-Opfer. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung für die geplante Zwangsarbeiterstiftung sei unannehmbar und müsse zurückgezogen werden, verlangten die Anwälte Michael Witti und Edward Fagan. Die Opferverbände lehnten vor allem die geplante Anrechnung früherer Leistungen ab. Auf Kritik war auch die vorgesehene Aufteilung der zehn Milliarden Mark gestoßen. Der Einsatz von je einer Milliarde für einen Zukunftsfonds und zum Ausgleich von Vermögensschäden gehe zu Lasten der Zwangsarbeiter, hieß es.

Auch das American Jewish Committee (AJC) in Deutschland forderte Änderungen am Gesetzentwurf der Bundesregierung. AJC-Direktorin Deirdre Berger kritisierte im DeutschlandRadio Berlin unter anderem, dass die Entschädigung nur an Zwangsarbeiter gehen solle, die in den deutschen Grenzen von 1937 beschäftigt waren. Beck sagte dazu, dies sei eine ungerechte und völlig willkürliche Regelung. Es gilt als wenig wahrscheinlich, dass während dieser Verhandlungsrunde, die am heutigen Dienstag zu Ende geht, eine endgültige Einigung erzielt wird.

Dagegen verbessern sich die Chancen, dass die deutsche Wirtschaft die noch fehlenden Beiträge für den Zwangsarbeiterfonds zusammenbekommt. DIHT-Präsident Hans Peter Stihl jedenfalls ist zuversichtlich, dass Betriebe und Konzerne bis zum Juni die noch fehlenden Beiträge für die Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft zur Entschädigung der Nazi-Zwangsarbeiter aufbringen wird. Der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) werde in den kommenden Tagen 200 000 Unternehmen in Deutschland anschreiben und zum Beitritt auffordern, erklärte Stihl am Dienstag in Stuttgart.

Viele Unternehmen hätten sich bisher zögerlich verhalten, da sie befürchtet hätten, ein Beitritt werde mit einem Schuld-Eingeständnis gleichgesetzt, sagte Stihl. "Zudem gibt es noch eine gewisse Rechtsunsicherheit, ob mit dem Beitritt zur Stiftungsinitiative auch alle möglichen Rechtsansprüche abgegolten sind." In die Stiftung wollen die öffentliche Hand und die Wirtschaft je fünf Milliarden Mark einbringen. Nach Angaben Stihls sind bisher rund 130 Unternehmen beigetreten.

ide

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