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Beim Thema Gleichstellung kann sich die FDP durch das Nein der CDU profilieren.

© dpa

Gleichstellung: Spielraum für die Liberalen

Die FDP greift die Union wegen des Neins zur Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften an. Insgeheim dürften sie aber ganz froh darüber sein.

Offiziell ist die FDP natürlich empört. Am deutlichsten bringt das Außenminister Guido Westerwelle zum Ausdruck, der sich mal wieder auf innenpolitisches Terrain begibt und da nicht auf diplomatische Etikette achten muss. Entsprechend scharf attackiert er die Union wegen ihres Nein zur Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften. Er warf der Union vor, dass sie gesellschaftliche Realitäten leugne. „Wenn die Gesellschaft weiter ist als eine Partei, dann ist das nicht das Problem der Gesellschaft“, sagte Westerwelle am Dienstag in Berlin. Er zeigte sich enttäuscht über die Entscheidung des CDU-Präsidiums, den Parteitagsbeschluss zu bekräftigen und damit die Frage der Gleichstellung homosexueller Partnerschaften mit der Ehe zu vertagen.

„Die Frage muss in Berlin entschieden werden und nicht in Karlsruhe“, sagte Westerwelle mit Blick auf die schon ergangenen und noch anstehenden Urteile des Bundesverfassungsgerichts in puncto Gleichstellung. Westerwelle weiter: „Eine bürgerliche Regierung sollte, wenn zwei Menschen füreinander Verantwortung übernehmen, mit Zustimmung und Aufgeschlossenheit reagieren.“ In ganz Europa würden inzwischen gleichgeschlechtliche Partnerschaften anerkannt. „Der Zug ist in ganz Europa auf dem Gleis und Deutschland sollte nicht im Bremserhaus, sondern bei der Lokomotive dabei sein“, forderte Westerwelle.

Er ist aber nicht der einzige Liberale, der versucht, weiter Druck auf die Union auszuüben. FDP-Generalsekretär Patrick Döring hatte bereits am Montag die Union aufgefordert, weiter eine steuerliche Gleichstellung noch in dieser Legislatur anzustreben. Und auch Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hält die Debatte noch nicht für beendet. Zum einen gehe die Diskussion in der CDU weiter, sagte sie dem Sender NDR Info mit Blick auf die Befürworter der Gleichstellung in der Union. Zum anderen müssten nun auch die Fraktionen im Bundestag entscheiden, wie sie mit dem Thema umgehen, sagte Leutheusser-Schnarrenberger. Es gebe Anträge dazu, die im Parlament zur Beratung anstünden. Außerdem verwies sie auf den Beschluss des Bundesrates, der sich am vergangenen Freitag mit den Stimmen von SPD, Grünen und Linken für die steuerliche Gleichstellung ausgesprochen hatte. Mit dieser Initiative muss sich nun der Bundestag befassen. Auch sie sagte, dass die Politik nicht immer auf Urteile aus Karlsruhe warten könne.

Doch hinter der Empörung steckt auch die heimliche Freude, dass die CDU der FDP ein kleines Profilierungsspielfeld überlässt. Weil die Union ihr Nein zur Gleichstellung vorerst gefestigt hat, können sich die Liberalen in diesem Punkt von ihrem Koalitionspartner vortrefflich absetzen. Müsste es jetzt konkret werden, drohten bloß unnötige Debatten um die detaillierte Ausgestaltung der Gleichstellung.

Und Anlässe zur Profilierung wird es in den kommenden Wochen genug geben. Der Bundestag wird sich am 14. März mit einem Antrag der Grünen zur raschen Umsetzung des Bundesverfassungsgerichtsurteils zum Adoptionsrecht für homosexuelle Partnerschaften befassen. Das Gericht hatte entschieden, dass Schwule und Lesben ein von ihrem eingetragenen Partner bereits adoptiertes Kind ebenfalls adoptieren dürfen. Doch es ist zu erwarten, dass weitere Anträge zum Thema Gleichstellung folgen werden. Wenn nicht am 14. März, dann zu einem anderen Zeitpunkt.

Hinzu kommt der Bundesrat. Dieser wird sich vermutlich schon auf seiner nächsten Sitzung am 22. März mit einem Gesetzentwurf zur Öffnung der Ehe befassen. Der Entwurf sieht vor, im Bürgerlichen Gesetzbuch festzuschreiben, dass eine Ehe auch aus Partnern des gleichen Geschlechts bestehen kann. Der Hamburger Senat beschloss am Dienstag, sich einem entsprechenden Antrag von Rheinland-Pfalz anzuschließen.

Doch die CDU zeigt sich vorerst unbeirrt. Armin Laschet, Vorsitzender der nordrhein-westfälischen CDU, Bundesvize der Partei und einer der entschiedensten Gegner der Gleichstellung, bekannte sich in den Dortmunder „Ruhr Nachrichten“ noch einmal ausdrücklich zum Parteitagsbeschluss der Union, der eine Gleichstellung ablehnt. Eine komplette Gleichstellung von Ehe und eingetragenen Lebenspartnerschaften geht wohl auch den meisten Befürwortern der steuerlichen Gleichstellung in der CDU zu weit. Ein einheitliches Adoptionsrecht ist in der Union kaum vermittelbar. Auch deshalb stemmen sich viele Christdemokraten gegen eine steuerliche Gleichstellung, weil sie eine Art Dammbruch fürchten. Auch wenn zuletzt aus den Reihen der Christdemokraten einige Kritik am Bundesverfassungsgericht laut geworden ist, müssen sie sich an den Urteilen der Karlsruher Richter orientieren. Doch das hat für die CDU auch Vorteile. Denn wer Handlungsbedarf nur dann sieht, wenn das Bundesverfassungsgericht aktiv wird, der muss sich auch nur an dessen Urteilen orientieren – und nicht darüber hinaus gehen.

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