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Bundeskanzlerin Angela Merkel beim 70. Jahrestag der Frauenunion der CDU.

© REUTERS

Gleichstellungspolitik: Kampfesmut für die Frauen? Von Merkel nicht bekannt

Angela Merkel fordert mehr Frauen in CDU-Führungspositionen. Vielleicht bleibt sie sich insofern treu, als sie das Thema um machttaktischer Vorteile willen betreibt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Und am Ende soll diese politische Schadensbilanz auch wieder so einfach hingenommen werden, am besten unwidersprochen? Nein, diesmal nicht. Denn es fällt schon sehr auf, was Angela Merkel auf der Feier der Frauen-Union zu deren 70. Geburtstag gesagt hat.

Nämlich: Wenn man künftig Wahlergebnisse der Union von mehr als 40 Prozent wolle, müssten Frauen deutlicher repräsentiert sein. „Deshalb ist das nicht irgendeine Frage von Frauen, die gerne Karriere machen wollen, sondern es ist eine Existenzfrage der Volkspartei.“

Eine Existenzfrage: Das sagt die Frau, die nicht nur seit zwölf Jahren die erste Bundeskanzlerin in der Geschichte der demokratischen deutschen Republik ist, sondern auch schon 18 Jahre lang an der Spitze der stärksten Partei steht, der CDU. Da könnte man, mit Verlaub, auf die Idee kommen, dass Merkel die Macht hätte, daran etwas zu ändern, mehr noch, längst etwas geändert zu haben. Aber weit gefehlt: Es wird nicht besser, sondern schlechter.

Gott, wie lange wird bei den Christdemokraten darüber geredet, dass Frauen mindestens ihrem Mitgliederanteil entsprechend an politischen Ämtern und Mandaten beteiligt werden sollen. Jeder dritte Platz für eine Frau, wenigstens.

Seit den Essener Leitsätzen 1985, als Helga Wex noch Vorsitzende der Frauenvereinigung war und die Sache vorantrieb, über das mühseligst in Hannover 1996 vereinbarte „Quorum“ (das so heißen musste, weil die CDU partout keine „Quote“ verabschieden sollte), bis heute – in den Landesverbänden geht die Forderung unter, aber auch im Bund, in der Bundestagsfraktion. Als ob Mann und Frau da nichts hätten machen können.

Eine Existenzfrage

Wer sich ein bisschen auskennt in der Historie der Partei, und das sollte Merkel als Langzeit-Vorsitzende, weiß, dass die Existenzfrage seit Langem aufgeworfen ist. Von Rita Süssmuth, seinerzeit im Verein mit Annette Schavan, von Heiner Geißler, der schon in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts die „Paschas vom Thron stoßen“ wollte, und von Helmut Kohl, der praktisch auf jedem Parteitag den „Bonzen“ ein paar überzog, auf dass sich endlich etwas zu Gunsten der Unionsfrauen ändere. Und Merkel? Sie erzählt fröhlich zum Jubiläum der Frauen-Union, dass Kohl sie damals habe „anstupsen“ müssen, damit sie dem Quorum zustimmt.

Merkel, die Frauenministerin, Merkel, die Generalsekretärin: Mindestens das Denken der Partei, der Männer, aber auch der Frauen, hätte sie in diesen ’Ämtern verändern können. Indem sie ein Beispiel gegeben hätte. Aber von wegen Gleichstellung: Auch die aktuelle Frauenministerin muss weiter hinter jedem Cent vom Staat herrennen und um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie kämpfen. In einer Bundesregierung, die zum x-ten Mal von Merkel geführt wird. Selbst kleine Siege im Alltag werden da ein großer Kampf.

Von Merkel ist Kampfesmut für die Sache der Frau in keiner Funktion bekannt geworden. Aber vielleicht bleibt sich die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende jetzt insofern treu, als sie das Thema um machttaktischer Vorteile willen auf die Tagesordnung setzt. Für Annegret Kramp-Karrenbauer als ihre Nachfolgerin, oder, wer weiß, für eine Frau als nächste Fraktionschefin. Das wäre nicht von Schaden, weder für Merkels Bilanz – und schon gar nicht für das Land. Nicht vergessen: Frauen stellen hier die Mehrheit.

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