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Politik: Globalisierung: Von der Straße in den Salon

Lange Zeit waren die Vorschläge der Globalisierungskritiker im Berliner Politikbetrieb allenfalls ein unbedeutendes Randthema. Die Vertreter der Nichtregierungsorganisationen (NGO) mussten fernab der Ministerien und meist ohne viel öffentliche Aufmerksamkeit ihre Treffen organisieren, auf denen sich selten ein ranghoher Politiker sehen ließ.

Von Hans Monath

Lange Zeit waren die Vorschläge der Globalisierungskritiker im Berliner Politikbetrieb allenfalls ein unbedeutendes Randthema. Die Vertreter der Nichtregierungsorganisationen (NGO) mussten fernab der Ministerien und meist ohne viel öffentliche Aufmerksamkeit ihre Treffen organisieren, auf denen sich selten ein ranghoher Politiker sehen ließ. Seit Daniel Cohn-Bendit in Deutschland eine neue Debatte über Globalisierung angestoßen hat, suchen die Regierenden in Berlin die Nähe der NGO-Vertreter, als ob davon ihre Wiederwahl abhinge. Am Montag moderierte Finanzminister Hans Eichel (SPD) ein Treffen der Aktivisten mit dem Mann, der vielen in der Szene als Hauptverantwortlicher für weltweite Ungerechtigkeit gilt: dem Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Horst Köhler.

Zwar hatte der IWF seinem Chef die Gesprächspartner sorgfältig ausgesucht - nur solche Gruppen waren laut Köhler eingeladen, die nicht nur kritisch sind, sondern auch wirklich zuhören und Argumente austauschen wollten. Aber auffällig war doch, dass die Systemkritiker sich nach dem Treffen mit dem IWF-Chef sehr angetan zeigten. Zumindest verkündete Reinhard Hermle vom Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen (VENRO) auf der gemeinsamen Pressekonferenz, beide Seiten wollten eine nachhaltige Entwicklung und die Überwindung der Armut. Es sei ein "gutes, sachliches Gespräch" gewesen, das den Willen beider Seiten zeige, zu einem sachlichen Austausch zu kommen: "Das ist nach Genua notwendiger denn je."

Wohl um allzugroßen Erwartungen vorzubeugen, erinnerte der ehemalige Staatssekretär der Regierung Kohl dann zwei Mal daran, dass er als IWF-Chef doch letztlich seinen "Shareholders" verantwortllich sei. Zwar präsentierte VENRO-Vorsitzende Hermle die Forderung nach wirksamen Schritten hin zu einer Entschuldung armer Staaten. Und im Hinblick auf die viel diskutierte Tobin-Steuer zur Eindämmung von Devisenspekulation zeigten sich Eichel wie Köhler äußerst skeptisch. Aber auch der Bundesfinanzminister und der IWF-Chef bekannten sich in einem Punkt zum Dissens: Horst Köhler forderte, auch Deutschland müsse sich bis 2010 dazu verpflichten, 0,7 Prozent des Bruttosozialprodukts für Entwicklungszusammenarbeit auszugeben. Hans Eichel aber will für die Entwicklungshilfe nicht mehr Geld herausrücken und pries die Öffnung der Märkte für die Produkte der Entwicklungsländer als geeigneteres Instrument für deren wirtschaftliche Gesundung an.

Wenn schon der IWF-Chef gemeinsam mit den Globalisierungskritikern gegen den Bundesfinanzminister argumentiert, so kann diese Woche in Berlin den NGO-Vertretern nur noch mehr Unterstützung bringen. Schon am Donnerstag sind sie von der Regierung wieder zu einer Tagung geladen: Sie konferieren dann ganztägig mit Staatsminister Ludger Volmer (Grüne) im Auswärtigen Amt.

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