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Politik: Glückwunsch!

Foto: Rückeis / Montage: DP HINTER DEN LINDEN Die Flüchtigkeit der Tagesgeschehnisse außer Acht lassend, müssen wir heute zum 17. Oktober zurückkehren.

Foto: Rückeis / Montage: DP

HINTER DEN LINDEN

Die Flüchtigkeit der Tagesgeschehnisse außer Acht lassend, müssen wir heute zum 17. Oktober zurückkehren. Vergangenen Freitag also verließ eine brisante Pressemitteilung das Kanzleramt, Nr. 470/03. Das Presse- und Informationsamt verrät darin, dass Gerhard Schröder an Otfried Preußler zu dessen 80. Geburtstag ein Glückwunschschreiben gerichtet hat. Nun ist das, für sich genommen, nichts Besonderes. Der Kanzler gratuliert dauernd irgendjemandem. Meist sind solche Schreiben ein oder zwei Absätze lang. Preußler dagegen bekam 31 Zeilen Text netto, verteilt auf fünf Absätze!

Alle seine Kinder-Helden werden darin erwähnt, von der „Kleinen Hexe“ bis zum „Starken Wanja“. Und erst die Wertungen! „Sie sind sicher der bedeutendste Geschichtenerzähler unserer Tage“, schreibt der Kanzler. Was werden Michael Ende, Dieter Bohlen und Günter Grass dazu sagen? Schröder lobt Preußlers soziales Engagement, seinen Optimismus und den Umstand, dass er „in den härtesten Zeiten, die das Schicksal des vergangenen Jahrhunderts für junge Menschen bereitgehalten hat“ zu seinen zart-anrührenden Geschichten fand.

Unfassbar. So wird nicht jeder gelobt. Und dazu noch vom Bundeskanzler! Nun ja, hier muss wohl der schäbige Realismus einsetzen. Das Presseamt schreibt ja selbst, Schröder habe Preußler dieses Schreiben „gesandt“. Geschrieben hat es sicher ein begeisterter Preußler-Fan, mehrfacher Vater, erfolgreicher Geschichten-Vorleser. Oder natürlich eine Vorleserin, Mutter und Anhängerin der „Kleinen Hexe“.

Nahezu zeitgleich übrigens richtete CDU-Chefin Merkel ein Glückwunschschreiben an den Papst, der zwar nicht Geburtstag hatte, aber 25. Amtsjubiläum. Diesen Gratulationsbrief verfasste eine Hospitantin des Bundestags-Workshops für junge Medienmacher. Na ja, sie schrieb ihn nicht, sie entwarf ihn.

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