zum Hauptinhalt
Emmanuel Macron

© Benoit Tessier / REUTERS

Update

Glühender EU-Fan im Élysée?: Hinter Macrons Fassade steckt rücksichtloses Eigeninteresse

Marine Le Pen steht in der Stichwahl für das Präsidentenamt in Frankreich. Doch auch ein Wahlsieg Macrons würde in Brüssel keinen Jubel auslösen. Ein Kommentar.

In Frankreich entscheidet sich Europas Schicksal. Emmanuel Macron und Marine Le Pen heißen die Kandidaten für die Stichwahl für das Präsidentenamt in zwei Wochen. Der Amtsinhaber geht mit einem größeren Vorsprung als erwartet ins entscheidende Rennen.

Ein Aufatmen ist auch aus Brüssel zu hören, denn ein Sieg der rechtsradikalen Politikerin würde nicht nur Paris in ein politisches Chaos stürzen. Die Folgen eines Triumphes Marine Le Pens wären auch für die gesamte Europäische Union kaum abzusehen.

In der EU wird ein immer noch möglicher Sieg deshalb weit weggeschoben. Vieles erinnert fatal an die Zeit kurz vor der Brexit-Abstimmung oder dem Sieg des US-Präsidenten Donald Trump. Beides sind fundamentale Wegmarken, die sich tief in der politischen Landschaft eingegraben haben. Auch damals deuteten genügend Zeichen auf einen Triumph des radikalen Populismus, doch zu viele Demokraten verschlossen vor diesem Katastrophenszenario die Augen.

[Wenn Sie aktuelle Nachrichten aus Berlin, Deutschland und der Welt live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.] 

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Marine Le Pen hat zwar in der Vergangenheit versucht, ihr Image aufzupolieren und weniger radikal zu erscheinen. Die kosmetischen Korrekturen können allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihr Programm weiterhin europa- und fremdenfeindlich ist.

So steht der „Frexit“, ein französischer EU-Austritt, nicht mehr in ihrem Programm, sie tritt nun für eine Allianz der Nationalstaaten ein. Das kling harmlos, doch das Ziel Marine Le Pens bleibt die Zerstörung der Europäischen Union. Jedes Land solle nur noch bei gemeinsamen Projekten mitmachen, wenn es ihm passt. Das bedeutet das Ende der europäischen Solidarität.

Der Kampf gegen die tiefgreifenden Krisen, die den gesamten Kontinent bedrohen, kann aber nur gemeinsam gewonnen werden. Das gilt nicht nur für die Folgen der Corona-Pandemie, auch der Klimawandel macht nicht an den Grenzen eines Nationalstaates halt. Und was von einer Präsidentin Le Pen im Ukraine-Krieg zu erwarten wäre, die Millionenschulden bei einer russischen Bank hat und Wladimir Putin als politisches Vorbild preist, lässt sich unschwer ausmalen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Die Hoffnung hat im Fall von Frankreich zwar einen Namen: Emmanuel Macron. Doch auch sein möglicher Wahlsieg wird in der Europäischen Union und der Nato mit gemischten Gefühlen gesehen. Der Amtsinhaber gilt nach außen zwar als glühender Verfechter Europas, der immer wieder mit seinen Visionen für die Fortentwicklung der EU glänzt. Aber auch das ist oft nur eine Fassade, denn Macron betreibt oft eine rücksichtlose Interessenpolitik für sich und sein Land.

So propagiert er gebetsmühlenartig die europäische Souveränität. Die ist dem Staatschef aber vor allem dort wichtig, wo sie der französischen Wirtschaft nutzt. Dasselbe gilt für den Klimaschutz in Europa, wo er geradezu schamlos die Interessen der für Frankreich wichtigen Atomindustrie durchdrückt. Dass er sich für den Aufbau einer europäischen Verteidigungsunion einsetzt und vor allem die französische Rüstungsindustrie im Auge hat, ist nicht nur den Nato-Partnern ein Dorn im Auge.

Spannende Zeiten in Sachen Staatsfinanzen

Spannende Zeiten würde ein Sieg des Amtsinhabers auch in Sachen Staatsfinanzen bedeuten, wo er auf direktem Konfrontationskurs mit Deutschland liegt. Zuletzt hat Macron immer wieder betont, dass er die strengen europäischen Fiskalregeln als überholt ansieht und sich weitere schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme nach dem Vorbild des Corona-Hilfspakets vorstellen kann. Mit der bisherigen Positionierung der Regierung in Berlin sind diese Positionen nicht wirklich vereinbar.

Das heißt, dass Deutschland und Frankreich ihr Verhältnis auch nach einem Sieg Emmanuel Macron noch einmal grundsätzlich austarieren müssten. Das ist wichtig für die gesamte Union, denn in Europa geht ohne eine Einigung zwischen den beiden mächtigsten Staaten auch in Zukunft nichts voran. Würde die rechtsextreme Marine Le Pen in den Élysée-Palast einziehen, wären die Fronten zwischen Paris und Berlin von Anfang an sehr genau geklärt. Das wäre allerdings der einzige Vorteil ihres Sieges.

Knut Krohn

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false