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Zwar leben auch hunderttausende Weiße in Townships, ganz überwiegend sind es aber arme Schwarze.

© imago stock&people

Google-Suchtreffer lösen Streit aus: Aufregung wegen "weißer Townships" in Südafrika

Die ohnehin schon hitzige Landdebatte in Südafrika wird weiter angefacht: Auslöser sind Berichte über die Realität verzerrende Google-Suchtreffer.

Versucht Google Südafrikas Geschichte neu zu schreiben? Oder hat die Suchmaschine einfach nur eine verzerrte Wahrnehmung? Die Südafrikaner jedenfalls rätseln, weshalb die Suche nach "Armensiedlungen in Südafrika" fast ausschließlich Bilder von weißen Township-Bewohnern liefert. Einige bezeichneten den Internet-Giganten als „rassistisch“. Andere vermuten politische Motive.

"Welches Südafrika ist das?", fragten sich einige Beobachter, nachdem Xolisa Dyeshana, ein bekannter Werbefachmann aus Johannesburg, seine Landsleute aufgefordert hatte: Sucht nach Armensiedlungen in Südafrika und seht euch die Bilder an. Damit sorgte er für hitzige Diskussionen in sozialen Medien. Denn nach der Auffassung von Google sehen die Townships der Kaprepublik so aus: Kinder in zerlumpten Pullovern, abgemagerte Gestalten, die nach einer gespendeten Suppe greifen, Großvater und Großmutter in einer Wellblechhütte - und ausschließlich alle mit weißer Hautfarbe.

400.000 weiße Südafrikaner leben in Townships

Fest steht: In Südafrika, das 1994 die Rassentrennung überwand, existiert durchaus weiße Armut. Das stellte bereits 2013 der britische Rundfunksender BBC fest, der mit einer Dokumentation über weiße Slums weltweit für Aufsehen sorgte. Demnach sollen 400.000 weiße Südafrikaner bitterarm in Townships leben und von Aushändigungen zehren.

Der regierende Afrikanische Nationalkongress (ANC) und die Opposition reagierten empört. Sie warfen dem Sender einseitige Berichterstattung vor, da er nicht das große, allgegenwärtige Bild von Armut zeige: Dieses ist auch 24 Jahre nach der Apartheid überwiegend schwarz. Heute noch liegt das durchschnittliche Einkommen eines weißen Haushalts sechsmal höher als das eines schwarzen.

In Südafrika leben der offiziellen Statistik zufolge 55 Prozent unter der Armutsgrenze. 13 Prozent der Haushalte befinden sich in sogenannten "informellen Siedlungen", den Wellblechhüttenansammlungen und Sozialbauten außerhalb der Stadt. Jeder vierte Südafrikaner hat keinen Job. Und: Der Großteil der Township-Bevölkerung ist nach wie vor schwarz. Weiße Südafrikaner sind mit acht Prozent eine Minderheit, gerade ein Zehntel der schwarzen Bevölkerung. Jedoch halten sie trotz Bemühungen der Regierung immer noch einen Großteil der Wirtschaft in Händen.

ANC machte Plan publik, Land zu beschlagnahmen

Viele Südafrikaner nahmen Google deshalb nun auch seine Suchergebnisse übel. Nicht wenige Schwarze sind der Ansicht, dies gehe über eine "grobe Fehldarstellung" hinaus. "Wir erleben hier die unheilvolle Absicht, die Landdebatte zu beeinflussen", ist eine weitere Beobachterin überzeugt - eine Anspielung auf die jüngsten politischen Entwicklungen im Land.

Vor kurzem hatte sich der ANC dafür ausgesprochen, Land ohne Entschädigung für die derzeitigen Besitzer zu beschlagnahmen. Dies soll den historischen Landraub von Kolonialismus und Apartheid ausgleichen. Fruchtbarer Boden ist trotz der Versöhnung zwischen Schwarz und Weiß immer noch ein wunder Punkt in Südafrika.

79 Prozent des Landes befinden sich in Privatbesitz, der Großteil immer noch in weißen Händen. So vermuten manche gar, dass die rechtsnationale Lobbygruppe "AfriForum" hinter Googles Suchergebnissen stecke. Diese setzt sich vorwiegend für die Belange der weißen Minderheit ein. Die geplanten Landreformen will sie mit einer Klage vor Gericht verhindern.

Staatlicher Sender hatte Beitrag über weiße Townships gezeigt

Südafrikanische Zeitungen lösten das Rätsel um die weißen Townships allerdings auf: Welche Bilder ganz oben in den Treffern angezeigt werden, bestimme ein Suchalgorithmus. Dieser berücksichtige mehr als 200 Faktoren, etwa wie viele Bilder eine Website enthalte und wie viele Nutzer darauf zugriffen. Wesentlichen Einfluss auf das umstrittene Suchergebnis könnte demnach ausgerechnet der staatliche Rundfunksender SABC gehabt haben: Dieser zeigte vergangenen März einen viel diskutierten Beitrag über ein weißes Township in der ländlichen Provinz Mpumalanga.

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