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Gorleben: Explosives Endlager

Ein neues Gutachten behauptet, dass Gorleben nicht einmal die Minimalanforderungen an ein Endlager erfüllt. Im Gestein unterm Salzstock könnte Gas gespeichert sein - die zuständige Behörde habe das ignoriert.

Erdgas könnte sich einen Weg durch die Gorlebener Gesteinsschichten bahnen und in die Lagerstätte einströmen. Ein Szenario, vor dem die Gegner des Endlagers Gorleben seit langem warnen. Würden dort tatsächlich hochradioaktive Abfälle eingelagert und würde es durch einen Funken zu einer gewaltigen Explosion kommen, könnten große Mengen an radioaktivem Material freigesetzt werden, befürchten sie. 

Ein Gutachten im Auftrag der Endlagergegner, die der Geowissenschaftler Ulrich Kleemann am Dienstagabend in Lüchow vorstellen will, bestärkt diese Befürchtung. Kleemann arbeitet in dem Gutachten, das dem Tagesspiegel vorliegt, vor allem drei Ergebnisse heraus: Der Salzstock liege in einer geologisch aktiven Störungszone, das heißt, es könnte gefährliche Bewegungen im Gestein geben. Über dem Salzstock fehle eine schützende Tonschicht und darunter könnten sich potenziell erdgashaltige Schichten befinden. Kleemann schließt daraus: "Der Standort Gorleben erfüllt somit nicht die Mindestanforderungen an einen Endlagerstandort und ist somit als ungeeignet einzustufen." Er wirft der für die Endlagersuche zuständigen Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) vor, sich vorschnell festgelegt zu haben: Die BGR habe es schon vor Beginn der Erkundungen für erwiesen gehalten, "dass keine bedeutende Störung im Untergrund vorhanden ist". Obwohl ihr bekannt gewesen sei, dass das Gestein unter dem Salzstock Gas speichern könnte, habe sie das Thema "komplett ausgelassen".

Der Auftraggeber des Gutachtens ist die "Rechtshilfe Gorleben e. V.". Sie arbeitet mit den atomkritischen Initiativen der Region um Gorleben sowie Umweltschutzgruppen zusammen und setzt sich gegen Castortransporte ein. Der Verein wirft der BGR vor, die wissenschaftliche Diskussion zu Gorleben und deren Ergebnisse zu ignorieren. "Offenbar hat die frühe Fixierung auf Gorleben bei der Behörde zu einer einseitigen Wahrnehmung geologischer Phänomene und zum Ausblenden kritischer Fakten geführt",  teilte die Rechtshilfe mit.

Volkmar Bräuer, zuständiger Abteilungsleiter der BGR, widerspricht: Die BGR habe die geologischen Verhältnisse am Standort Gorleben und in der Region detailliert dargestellt. Zudem zweifelt Bräuer an Kleemanns Gutachten: "Es ist schade, dass sich die Bürgerinitiative immer wieder auf solche zweifelhaften ,Gutachten’ beruft und sich somit weiter isoliert." Ulrich Kleemann, bis 2010 als Abteilungsleiter beim Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) für die Endlagerung zuständig, habe während seiner Amtszeit die jetzt von ihm geäußerten Vorwürfe nie angesprochen. Jetzt sei er für die Bundestagsfraktion der Grünen tätig.

Gorleben ist nach Einschätzung zahlreicher Atomkraftgegner aus geologischen Gründen prinzipiell ungeeignet. Sie fordern eine Endlagersuche auch an anderen Standorten. Das dafür zuständige Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) plädiert ebenfalls für eine vergleichende Suche. Bundesregierung und Bundesländer hatten Anfang November vereinbart, die Endlagerfrage im "nationalen Konsens" zu lösen und eine "ergebnisoffene" Suche zu beginnen. Wie die im Detail aussehen könnte, ist aber noch unklar. Ein Gesetz zur Endlagersuche soll erst im kommenden Jahr vorgelegt werden. (mit AFP)

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