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Politik: Gott für einen Tag

Neue Variante im Prager Kandidatenrennen: Der Schlagersänger glaubt kurzzeitig, er habe Chancen auf den Posten des Präsidenten

Weil sie der Ansicht sind, die tschechischen Parteipolitiker hätten die – bisher zweimal fehlgeschlagene – Wahl des Staatsoberhaupts zur „Farce" gemacht, haben einige Prager Rockmusiker noch eins draufgesetzt: Sie propagierten Karel Gott als Nachfolger für Vaclav Havel. „Gott mit uns" druckten sie auf ihre T-Shirts und Wahlplakate; auf Deutsch, weil der Slogan auf Tschechisch nie so anspielungsreich klingen würde. Bei einer Pressekonferenz in Prag verlasen sie die Zusage des zurzeit durch Deutschland tourenden Sängers: „Für den Fall einer Direktwahl des Präsidenten erwäge ich meine Kandidatur." Und der Nachrichtenagentur CTK teilte Gott mit: „Ich glaube schon, dass meine Freunde das ernst meinen."

Wenige Stunden später war alles wieder vorbei. Ob ihm plötzlich klar geworden war, dass seine „Freunde" ihn auf den Arm genommen hatten, oder ob es andere Gründe gab, ist vorerst unklar. Jedenfalls sagte Gott der Zeitung „Lidove noviny", er werde „definitiv nicht" kandidieren: „Ich denke, der Posten ist nichts für mich. Ein kleiner Fehler, eine etwas undiplomatische Ausdrucksweise genügt, und schon gerät alles ins Lächerliche." Die anderen Prager Zeitungen hatten die Kandidatur Gotts in die Nähe eines Faschingsscherzes gerückt oder – im Sinne der Initiatoren – gemeint, sie bestätige nur, welches „armselige Spiel" die Präsidentenwahlen ohnehin schon geworden seien. Die Wirtschaftszeitung „Hospodarske noviny" sah bereits schwarz für die ganze tschechische Politik: „Noch dieses Jahr oder spätestens bei der nächsten Wahl werden wir eine veränderte Riege von Kandidaten kriegen, unter denen Gott noch einer der normalsten ist."

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