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Katja Kipping

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Gregor Gysi und die Stasi: Debatte um Gysi macht nun auch Parteichefin Kipping Ärger

Die Linken-Vorsitzende Katja Kipping wollte Gregor Gysi gegen eine "Kampagne" verteidigen. Jetzt hat sie selbst Ärger - weil sie in den Angriffen auf den Fraktionschef auch einen "Abschlag bei der Würde" von Ostdeutschen sieht.

Von Matthias Meisner

In der Diskussion um die Stasikontakte von Gregor Gysi gerät die Linken-Vorsitzende Katja Kipping unter Beschuss von SPD- und CDU-Seite. Sie hatte ihren Parteifreund mit dem Hinweis verteidigt, die „Menschen im Osten“ würden „die Systematik hinter den Vorwürfen durchschauen“. Und: „Viele hier haben es einfach satt, dass ohne jede Ahnung vom Alltag in der DDR Urteile über ihr Leben gefällt werden.“

Juso-Chef Sascha Vogt sagte dem Tagesspiegel, die Aussagen Kippings seien „überzogen“, schließlich gebe es „genügend Ostdeutsche, die überhaupt nichts mit der Stasi zu tun hatten“. Er warnte aber zugleich vor einer Vorverurteilung Gysis. Es sei „schwierig“, wenn schon bei laufenden Ermittlungen spekuliert werde, was das Ergebnis dieser Ermittlungen sein könne. Die Staatsanwaltschaft Hamburg ermittelt seit 2012 im Fall des Linken-Fraktionschefs – der Verdacht steht im Raum, eine eidesstattliche Versicherung von ihm zur Stasifrage könnte falsch gewesen sein.

Der CDU-Bundestagskandidat in Berlin-Mitte, Philipp Lengsfeld, warf Kipping in einem offenen Brief vor, sie fälle „ohne jede Ahnung vom Alltag in der DDR Urteile über Ostdeutsche“. „Durch ihre Verteidigung wird doch geradezu so getan, als ob die DDR-Bevölkerung nur aus Spitzeln und SED-Karrieristen bestand.“ Das Gegenteil sei richtig, so der Sohn der früheren DDR-Bürgerrechtlerin und CDU-Bundestagsabgeordneten Vera Lengsfeld: „Trotz eines riesigen Überwachungsapparates“ seien die meisten Ostdeutschen „eben keine Spitzel gewesen.“

Gregor Gysi
Gregor Gysi

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Ein Parteisprecher betonte, Kipping sehe die Angriffe gegen Gysi ausdrücklich nicht als Attacke gegen alle Ostdeutschen. Linken-Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn sagte aber, es gehe „auch um die Frage, wie Ost-Biografien bewertet und wie sie entwertet werden“. In der „Thüringer Allgemeinen“ hatte Kipping weiter erläutert, Ostdeutsche erhielten „für dieselbe Arbeit weniger Lohn und weniger Rente. Einen Abschlag bei der Würde wollen sie nicht auch noch hinnehmen."

Sowohl Linken-Partei- und Fraktionsvize Sahra Wagenknecht als auch ihr Lebensgefährte, der frühere Parteichef Oskar Lafontaine, lehnten es ab Montag ab, Gysi gegen neue Vorwürfe zu verteidigen. Beide verwiesen auf frühere Stellungnahmen, denen „nichts hinzuzufügen“ sei. Wagenknecht hatte beim Politischen Aschermittwoch erklärt, die Anschuldigungen gegen Gysi seien „olle Kamellen“, die politische Gegner jedes Mal im Vorfeld von Wahlen hervorholten. Lafontaine hatte gleich nach den ersten über ein Ermittlungsverfahren gegen seinen Genossen in der ARD-Sendung Günther Jauch davor gewarnt, die "so durchsichtige" Sache medial so aufzubauschen, wie das jetzt geschehe. "Gelacht" habe er, weil die Stasi-Geschichte bei Gysi jetzt schon 20 Jahre laufe. "Das langweilt mich jetzt allmählich."

Gysi sitzt seit Montag nach seiner Operation an der Schulter – er hatte sich im Skiurlaub in Österreich verletzt – wieder am Schreibtisch. Seinen ersten öffentlichen Auftritt wird er möglicherweise aber erst am Samstag haben. Dann will ihn die Berliner Linke zu ihrem Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl küren.

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