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Politik: Grenze verletzt

Sachsens NPD verunglimpft Polen – und sucht für ihre Propaganda Rückhalt beim Verfassungsgericht

Von Frank Jansen

Berlin - Der Fall wirkt absurd, dennoch wird er das höchste Gericht Sachsens beschäftigen und droht sogar außenpolitische Komplikationen hervorzurufen. Die NPD-Fraktion im sächsischen Landtag, spätestens seit den „Bombenholocaust“-Parolen bekannt für harte Provokationen, hat sich mit dem Wirtschaftsministerium des Freistaats angelegt. Die Rechtsextremisten wollen die Behörde zwingen, auf eine Kleine Anfrage zu antworten, in der das Nachbarland Polen verunglimpft wird. Das Ministerium weigert sich.

Prompt rief die NPD den sächsischen Verfassungsgerichtshof an. Der muss nun entscheiden, ob es zu den Pflichten der Landesregierung gehört, auch bei polenfeindlichen Äußerungen die Anfrage eines Abgeordneten zu bearbeiten – selbst wenn damit rechtsextreme Propaganda toleriert würde.

Im September 2010 befragte der NPD- Abgeordnete Andreas Storr das Wirtschaftsministerium zu polnischen Plänen, in der Grenzstadt Zgorzelec eine „Sonderwirtschaftszone“ einzurichten. Zgorzelec war bis 1945 ein Teil von Görlitz. Storr formulierte die Anfrage so, als sei das noch immer der Fall. Er nannte Zgorzelec den „polnisch verwalteten Teil von Görlitz“. Wirtschaftsminister Sven Morlok (FDP) beschied dem Rechtsextremisten, da es einen polnisch verwalteten Teil von Görlitz nicht gebe, könnten das Thema Sonderwirtschaftszone und die Anfrage „in keinen schlüssigen Kontext gebracht werden“. Folglich sei eine Beantwortung nicht möglich.

Der NPD-Mann legte die Anfrage erneut vor und giftete im Vorspann, es sei nicht Aufgabe der Landesregierung, einen Abgeordneten „über die aus ihrer Sicht politisch korrekte Bezeichnung von politisch-geographischen Einheiten zu belehren“. Minister Morlok verwies lapidar auf die bereits erteilte Antwort. Storr schaltete den Anwalt Ingmar Knop ein, der im Bundesvorstand der NPD sitzt.

Knop beantragte beim Verfassungsgerichtshof ein „Organstreitverfahren“. Der Anwalt verweist auf die Grenzen von Artikel 51, Absatz 2 der sächsischen Verfassung. Da heißt es, die Regierung könne die Beantwortung von Fragen ablehnen, „wenn diese den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung berühren oder einer Beantwortung gesetzliche Regelungen, Rechte Dritter oder überwiegende Belange des Geheimschutzes entgegenstehen“. Das sei im Fall der NPD-Anfrage nicht ersichtlich, meint Knop. Der Verfassungsgerichtshof hält den Streit jedenfalls nicht für so absurd, dass er gleich abwinkt. Eine Sprecherin des Gerichts sagte, eine mündliche Verhandlung „ist zu erwarten“, vermutlich im September.

So entwickelt sich ein Lehrstück zum schwierigen Umgang mit Rechtsextremisten im Parlament. Das Wirtschaftsministerium setzt weiter auf eine harte Gangart. Der NPD-Abgeordnete habe sein Fragerecht „zur öffentlichen Darstellung einer völkerrechtsfeindlichen und revanchistischen Gesinnung missbraucht“, sagte die Sprecherin des Ministers, Isabel Siebert. Sie betonte: „Uns ist das harmonische Verhältnis zu unseren polnischen Nachbarn sehr wichtig.“

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