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Mehrere Autos wurden zerstört. Scheiben in einem Umkreis von 200 Metern rund um den Tatort gingen zu Bruch.

© dpa

Griechenland: Bombenexplosion erschüttert Zentrum Athens

Vor einem Gericht in der griechischen Hauptstadt Athen ist am Donnerstagmorgen ein Sprengsatz explodiert. Die Detonation hallte durch fast alle Stadtteile. Zuvor war bei einem Fernsehsender und einer Zeitung eine Warnung eingegangen.

„Wie ein Erdbeben“ – so erlebten Einwohner des Athener Viertels Ambelokipi am Donnerstagmorgen die schwere Bombenexplosion vor dem Gebäude des Athener Verwaltungsgerichts. „Ich dachte: jetzt stürzt das Haus ein“, sagte Angela Koletti, die 400 Meter vom Tatort entfernt wohnt. Kurz vor dem Ende eines für das krisengeplagte Griechenland schweren Jahres meldete sich der Terror zurück.

Um 7.38 Uhr kündigte ein anonymer Anrufer in Telefonaten mit dem Fernsehsender „Alter“ und der Zeitung „Eleftherotypia“ den Anschlag an. Sogar das Kennzeichen des einen Tag zuvor im Stadtteil Galatsi gestohlenen Mopeds, auf dessen Gepäckträger die Bombe befestigt war, nannte der Anrufer. Er wollte offenbar sicherstellen, dass man seine Warnung ernst nahm. Der Polizei gelang es rechtzeitig, das achtstöckige Gerichtsgebäude zu räumen und die Umgebung abzusperren, bevor die Bombe um 8.22 Uhr hochging.

Die Detonation war im ganzen Stadtzentrum zu hören. Die Explosion war so gewaltig, dass durch die Druckwelle mehrere Autos durch die Luft gewirbelt wurden und auf ihren Dächern landeten. Dass niemand verletzt wurde, gleiche einem Wunder, sagten Augenzeugen. Die Glasfassade des Gerichtsgebäudes wurde völlig zerfetzt, noch in hunderten Meter Entfernung gingen Fensterscheiben zu Bruch. Ein halbes Dutzend vor dem Gericht geparkte Autos verbrannte.

In den Trümmern begannen die Ermittler am Vormittag die mühsame Suche nach Überresten der Bombe. Ihre Bauart könnte Hinweise auf die Täter liefern. Ein erster Verdacht fällt auf die linksextreme Terrorgruppe „Verschwörung der Feuerzellen“. Sie hat in der Vergangenheit bereits ähnliche Anschläge in Griechenland verübt. Fast in monatlichem Rhythmus nehmen Terroristen Banken, Polizeistationen, Ministerien und andere staatliche Gebäude mit Brandbomben und Sprengsätzen ins Visier.

Die griechischen Terrorfahnder konnten zwar in den vergangenen Monaten mehrere mutmaßliche Mitglieder der „Verschwörung der Feuerzellen“ und einer weiteren linksextremen Terrorgruppe, der „Sekte der Revolutionäre“, festnehmen. Die Polizei hob in jüngster Zeit auch mehrere Waffenlager aus. Der Anschlag vom Donnerstag zeigt aber, dass die Gefahr keineswegs gebannt ist.

Anfang November hatten die „Feuerzellen“ mit einer Serie von Sprengstoffbriefen Angst und Schrecken verbreitet. Die Bombenpäckchen waren an mehrere ausländische Botschaften in Athen gerichtet. Eine Paketbombe, die an Bundeskanzlerin Angela Merkel adressiert war, schaffte es sogar bis in die Poststelle des Berliner Kanzleramts, wo der Sprengsatz entdeckt und entschärft wurde. Kurz vor Weihnachten wurden in Rom bei Explosionen von ähnlich präparierten Bombenpaketen zwei Angestellte der Schweizer und der chilenischen Botschaft verletzt. Die Fahnder haben schon länger Anhaltspunkte dafür, dass italienische und griechische Terrorgruppen zusammenarbeiten. Die Anschläge in Rom und Athen zeigen nach Einschätzung der Ermittler, dass die sozialen Spannungen durch die Wirtschafts- und Finanzkrise zu mehr Gewaltbereitschaft linksextremistischer Gruppen führt. In Griechenland erlebt der Terror seit dem Dezember 2008 eine Renaissance. Damals war ein 15-jähriger Schüler in Athen durch eine Polizeikugel getötet worden.

Die Ermittler haben Anhaltspunkte dafür, dass sich aus diesen Anarchistenkreisen eine neue Terroristengeneration rekrutiert hat. Neben den Gruppen „Verschwörung der Feuerzellen“ und „Sekte der Revolutionäre“ sind in Griechenland noch weitere linksextreme Terroristenzirkel wie die „Volksaktion“ und die Organisation „Revolutionärer Kampf“ aktiv. Zwischen den einzelnen Gruppen scheint es nach den Erkenntnissen der Fahnder Verbindungen zu geben. In Bekennerschreiben kündigten sie den Aufbau einer „Stadtguerilla“ an und drohten mit weiteren Anschlägen. Ihr erklärtes Ziel: der Umsturz der staatlichen Ordnung und des parlamentarischen Systems.

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