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Das Geburtsland der Demokratie befindet sich in einer handfesten Staatskrise –

© dapd

Griechenland: Die Demokratie wankt

Papademos will um den Euro kämpfen – Konservative werfen dem neuen griechischen Premier bereits Knüppel zwischen die Beine.

Es war keine politische Lyrik, sondern ökonomische Prosa, die Griechenlands neuer Premierminister Lucas Papademos am Montagabend in seiner Regierungserklärung den Abgeordneten des Athener Parlaments und den Griechen vortrug. Viele Griechen dürften gerade das nach den politischen Hahnenkämpfen der vergangenen Wochen als wohltuend empfunden haben. Der parteilose Papademos warb mit beschwörenden Appellen um die Unterstützung der Parteien, aber auch der griechischen Öffentlichkeit: „Unsere Mitgliedschaft in der Eurozone ist in Gefahr“, mahnte der 64-jährige Finanzexperte. Aber Papademos machte den Griechen auch Mut: „Wir können es schaffen – es liegt in unserer Hand!“

Selten hat ein griechischer Regierungschef in einer so klaren, schnörkellosen Sprache die Lage beschrieben und aufgezeigt, wie Griechenland die Gefahr der drohenden Staatspleite bannen kann. Eindringlich warb Papademos um die Zustimmung der Parteien zu den EU-Gipfelbeschlüssen von Ende Oktober. Sie sind laut Papademos ein „Vertrauensbeweis“ der europäischen Partner. Nun müsse sich Griechenland dieses Vertrauens als würdig erweisen. Vorrangig werde die Regierung jetzt die Auszahlung der dringend benötigten nächsten Kreditrate sichern. Das Geld werde spätestens Mitte Dezember benötigt. Der neue Premier betonte auch die Bedeutung der Strukturreformen, die es in den kommenden Monaten umzusetzen gelte und mit denen Griechenland den Weg aus der Rezession finden könne. Es komme darauf an, die schweren Lasten der Konsolidierung gerecht zu verteilen und für die Schwächsten ein starkes Netz der sozialen Sicherheit aufzuspannen. Den Kampf gegen die Steuerhinterziehung bezeichnete Papademos als „Gebot der sozialen Gerechtigkeit“.

„Der Verbleib in der Eurozone ist die einzige Wahl für unser Land“, sagte Papademos. In der gegenwärtigen Krise liege auch eine Chance, „wenn wir alle konsequent und systematisch an die Arbeit gehen“. An die viel gescholtenen griechischen Staatsbediensteten appellierte Papademos, „gerade jetzt ihr Bestes zu geben“. Sichtlich bewegt schloss der neue Premier seine Regierungserklärung mit den Worten: „Griechenland kann gerettet werden – es hängt von uns ab!“

Noch vor dem für Mittwoch angesetzten Vertrauensvotum des Parlaments spürt Papademos aber bereits heftigen Gegenwind. Die konservative Nea Dimokratia (ND), die Papademos‘ Notregierung mitträgt, wirft ihm Knüppel zwischen die Beine. Sie erhob Einspruch gegen weitere Sparmaßnahmen. „Dafür gebe ich meine Stimme nicht her“, sagte ND-Chef Antonis Samaras. Er forderte auch Änderungen an den Kreditvereinbarungen, die Griechenland unter der sozialistischen Vorgängerregierung mit der EU, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) geschlossen hat. Auch die Forderung der EU, die beiden großen griechischen Parteien müssten sich schriftlich zur Umsetzung des 130 Milliarden Euro schweren neuen Rettungspakets bekennen, lehnt Samaras ab: „Ich werde derartige Papiere nicht unterschreiben“, sagte der ND-Chef vor seiner Parlamentsfraktion. Samaras unterstrich ebenfalls seine Forderung nach Neuwahlen am 19. Februar. Damit scheint der Handlungsspielraum des neuen Premiers bereits zum Start sehr eingeengt.

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