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Der griechische Premier Alexis Tsipras

© dpa

Griechenland-Krise: Alexis Tsipras spielt mit der Pleite

Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras verlangt Erleichterungen bei der Rückzahlung der Schulden - und droht damit, Ende Juni die fällige Tranche beim Internationalen Währungsfonds nicht zu begleichen.

Für Alexis Tsipras näherte sich am Dienstag der Moment der Wahrheit. Der griechische Premier lud mehrere Politiker pro-europäischer Oppositionsparteien in seinen Amtssitz in Athen ein, um mit ihnen den Stand der Verhandlungen mit den Gläubigern zu besprechen. Anschließend sickerte durch, dass sich Tsipras offenbar nicht scheut, die Konfrontation mit den Gläubigern noch weiter auf die Spitze zu treiben. Notfalls wolle er am 30. Juni die Schulden an den Internationalen Währungsfonds (IWF) in Höhe von 1,6 Milliarden Euro nicht zurückzahlen, falls sich die Geldgeber nicht auf einen Schuldenerlass einließen, berichtete die Zeitung „To Vima“ unter Berufung auf Oppositionskreise in Athen.

Damit würde es Tsipras auf die Zahlungsunfähigkeit seines Landes ankommen lassen, um die Forderung des Linksbündnisses Syriza nach einem Schuldenerlass durchzusetzen. Offenbar spekuliert der griechische Regierungschef darauf, dass die EU-Partner aus Angst vor einem „Grexit“ auf die Forderung nach Erleichterungen bei den Verbindlichkeiten eingehen werden. Nach den Vorstellungen von Tsipras sollen die Schulden umstrukturiert werden, indem die milliardenschweren Verbindlichkeiten gegenüber der Europäischen Zentralbank (EZB) auf den den Euro-Rettungsschirm ESM übertragen werden, der günstigere Zinskonditionen bietet. Nach den Angaben von Tsipras würde der IWF einem partiellen Schuldenerlass durchaus zustimmen, während sich die EU-Partner dagegen sperren würden: „Der große Widerspruch ist, dass der IWF Maßnahmen und eine Restrukturierung (der Schulden) will, während die anderen Maßnahmen, aber keine Restrukturierung wollen.“

Das Risiko eines "Graccident" erhöht sich weiter

Angesichts der Drohung Tsipras’, die Schulden beim IWF gegebenenfalls nicht zu begleichen, erhöht sich das Risiko eines „Graccident“ – Griechenland müsste eine Parallelwährung zum Euro einführen, weil sich anders Beamte, Rentner und Lieferanten nicht mehr bezahlen ließen. Bereits seit April werden trotz offizieller Dementis unter anderem im Bundesfinanzministerium und bei der EZB Planspiele angestellt, um gegen die Folgen eines „Graccident“ gewappnet zu sein. In der vergangenen Woche wurde bei einem Treffen der Finanz-Staatssekretäre der Euro-Zone erstmals in formeller Runde über die Folgen einer griechischen Staatspleite diskutiert.

Nach einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ soll möglicherweise am Freitagabend bei einem EU-Sondergipfel über einen Notfallplan beraten werden, sofern das kommende Treffen der Euro-Finanzminister am Donnerstag in Luxemburg keine Annäherung im Schuldenstreit bringe. Der Notfallplan soll Kapitalverkehrskontrollen vorsehen, um einen massenhaften Abfluss von Banknoten zu verhindern. Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums erklärte, man habe „keine Kenntnis“ von solchen Plänen.

Spekulationen über EU-Sondergipfel am Wochenende

Dass dennoch in Brüssel über einen EU-Sondergipfel am kommenden Wochenende spekuliert wurde, hängt damit zusammen, dass sich am Dienstag immer noch kein Fortschritt bei den Verhandlungen zwischen der griechischen Regierung und den Gläubigern abzeichnete. Angesichts des Stillstands verschärfte sich auch in Berlin der Ton im Schuldenstreit weiter. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), erklärte, dass die Euro-Zone einen Austritt Griechenlands ins Auge fassen müsse, falls Tsipras keine überzeugenden Vorschläge vorlegt. „Falls ein solides Reformpaket nicht vorgelegt wird, dann ist notfalls ein Grexit hinzunehmen“, sagte Grosse-Brömer.

Allerdings scheint es Tsipras mit einer Einigung nicht eilig zu haben. Am Freitag will sich der Syriza-Chef nach Angaben des Kreml erst einmal in St. Petersburg beim internationalen Wirtschaftsforum mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin treffen. Gleichzeitig bereitet sich Tsipras auch schon für den Showdown mit der extremen Linken innerhalb des Syriza-Bündnisses vor, von der er keine Unterstützung für ein mögliches Entgegenkommen bei den wichtigsten noch offenen Verhandlungspunkten – der Renten- und Mehrwertsteuerreform – erwarten darf. Tsipras erklärte bei dem Treffen mit den Oppositionspolitikern am Dienstag, dass er sich nicht scheue, es auf eine Konfrontation mit der extremen Syriza-Linken ankommen zu lassen.

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