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Griechenland-Krise: Athen verfehlt Sparziel

Die Schulden in Griechenland sind höher als geplant, was die Börsen auf Talfahrt schickt. Auch in der Koalition sorgt das Thema Griechenland und Europa weiter für Diskussionen.

Die Zweifel an der Sanierungsfähigkeit des hoch verschuldeten Griechenland wachsen. Trotz Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen wird das Land in diesem Jahr das angepeilte Defizitziel verfehlen. Statt eines Fehlbetrags von 7,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), wie mit der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) vereinbart, erwartet die Regierung eine Defizitquote von voraussichtlich 8,5 Prozent. Das erklärte Finanzminister Evangelos Venizelos am Montag bei der Vorlage des Haushaltsentwurfs für 2012. Auch für das kommende Jahr rechnet die Regierung nun mit einem größeren Haushaltsloch: 6,8 statt bisher angesetzter 6,5 Prozent vom BIP.

Die schlechten Nachrichten aus Athen schüren die Ängste vor einer Griechenland-Pleite und schickten die europäischen Börsen auf Talfahrt. Der Euro fiel gegenüber dem Dollar auf ein Acht-Monats-Tief. Die griechische Regierung führt die höheren Defizite auf die schwere Rezession zurück. Griechenlands Wirtschaft wird in diesem Jahr voraussichtlich um 5,5 Prozent statt der erwarteten 3,8 Prozent schrumpfen. Entgegen bisherigen Annahmen wird Griechenland auch 2012 nicht zum Wachstum zurückkehren. Die Regierung erwartet jetzt ein weiteres Minus von 2,5 Prozent. Trotzdem rechnet Finanzminister Venizelos für das kommende Jahr im Budget mit einem Primärüberschuss (unter Abzug des Schuldendienstes) von 1,5 Prozent des BIP. Damit beginne für Griechenland „eine neue haushaltspolitische Ära“, erklärte er.

Wie am Rande einer Tagung der Finanzminister der 17-Euro-Länder in Luxemburg bekannt wurde, muss Griechenland dennoch vorerst nicht fürchten, von internationalem Hilfsgeld abgeschnitten zu werden. Die Troika, eine Expertengruppe von EU, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds, die sich derzeit in Athen aufhält, müsse erst prüfen, welche Folgen die Rezession tatsächlich auf die vereinbarten Sparziele habe.

Das neue Sparprogramm soll den Haushalt in den Jahren 2011 und 2012 um 6,6 Milliarden Euro entlasten. Erstmals in der jüngeren Geschichte des Landes sieht es die Entlassung von Staatsbeamten vor. Das galt bisher in Griechenland, wo fast jeder vierte Arbeitnehmer vom Staat bezahlt wird, als Tabu. Bis zum Jahresende werden rund 30 000 öffentlich Bedienstete in eine sogenannte Arbeitsreserve überführt. Dort erhalten sie für ein Jahr noch 60 Prozent ihrer Bezüge. Danach werden sie pensioniert oder entlassen.

Derweil zeigt sich die schwarz-gelbe Koalition weiter uneins über die Weiterentwicklung der EU. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) beschwor am Wochenende den Weg in ein geeintes Europa mit demokratisch legitimierten Institutionen auf europäischer Ebene. CSU-Politiker mahnten, die Europa-Skepsis der Bevölkerung ernst zu nehmen. Schäuble erklärte in einer Rede zur Deutschen Einheit, auch das wiedervereinte Deutschland sei auf Dauer nur in einem geeinten Europa gesichert. Absprachen einzelner Staaten reichten nicht mehr: „Wir brauchen demokratisch legitimierte Entscheidungen durch gewählte Gremien auf allen Ebenen.“ Auf der zentralen Feier zur Einheit in Bonn forderte der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, eine Diskussion über Europas Zukunft. Es sei gefährlich, in den Sorgen der Menschen über die Finanzkrise einen antieuropäischen Affekt zu sehen. mit dpa

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