zum Hauptinhalt
Angespannte Mienen: Angela Merkel und Nicolas Sarkozy.

© AFP

Update

Griechenland-Krise: Merkel und Sarkozy planen Sonderkonto - Söder legt Athen Austritt nahe

Deutschland und Frankreich fordern ein Sonderkonto für griechische Staatseinnahmen. Über das Konto könnten die Staatsschulden abgebaut werden. Ein Christsozialer hat keine Hoffnung mehr für die Rettung Griechenlands.

Deutschland und Frankreich verlieren die Geduld mit Athen und schlagen zur Schuldentilgung ein Sonderkonto für griechische Einnahmen vor. Über dieses Konto könnten griechische Schulden künftig abgebaut werden, erklärten Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag in Paris nach einem Treffen der Regierungen beider Länder. In deutlichen Worten forderten Merkel und Sarkozy die griechische Regierung und alle Parteien in Athen auf, die zugesagten Reformen bedingungslos umzusetzen. Merkel betonte, es werde kein neues Geld für Griechenland geben, so lange die Forderungen der internationalen
„Troika“-Kontrolleure nicht erfüllt seien: „Die Zeit drängt.“ Es stehe für die gesamte Euro-Gruppe viel auf dem Spiel. Es bringe jetzt nichts mehr, die Verhandlungen ständig zu verlängern. Ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone sei aber kein Thema, betonten Merkel und Sarkozy. „Wir wollen, dass Griechenland im Euro bleibt“, versicherte sie. Die Gemeinschaftswährung sei jedoch nicht nur ein politisches, sondern auch ein finanzielles Projekt.

Die führenden Politikerin Griechenland wollen sich trotz der bedrohlich näher rückenden Pleite des Landes weiter Zeit lassen. Für die schriftliche Verpflichtung der Chefs der drei größten Parteien gebe es keine Frist bis Montagmittag, hieß es in Regierungskreisen in Athen. Die Zusage müsse erst bis zum Treffen der Eurogruppe im Lauf der Woche abgegeben werden, wenn das zweite Rettungspaket geschnürt werde.

Nach EU-Angaben hat die Regierung in Athen eine Frist zur Einigung verstreichen lassen. “Wir sind bereits hinter der Deadline“, sagte ein Sprecher der EU-Kommission. „Es müssen Entscheidungen getroffen werden, der Ball liegt im Feld der Griechen.“ Nach Angaben eines Sprechers der sozialistischen Pasok-Partei hatten die Koalitionsparteien in Griechenland bis Montagmittag Zeit um mitzuteilen, ob sie die Sparauflagen und Reformen im Gegenzug für weitere Finanzhilfen akzeptieren.

Der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos hatte eine Sitzung der Euro-Finanzminister für Mittwoch in Aussicht gestellt. Der Sprecher von Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker sagte hingegen, es gebe nach wie vor keinen Termin für die Sitzung.

Die Beratungen der griechischen Regierung mit den Chefs der Parteien über die Rettung des vom Staatsbankrott bedrohten Euro-Landes sollen heute fortgesetzt werden. Wie das Büro von Ministerpräsident Lucas Papademos mitteilte, war eine Verhandlungsrunde am Sonntagabend ohne konkretes Ergebnis zu Ende gegangen.

"Das Land kann die Maßnahmen nicht ertragen"

Noch in der Nacht zum Montag sollten die Verhandlungen mit der sogenannten „Troika“, den Experten der EU, des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB), weitergehen. Auch die Beratungen mit den privaten Gläubigern über einen Schuldenschnitt dauerten an. Endgültige Entscheidungen wollten die Parteiführer am Montag treffen, hieß in einer Erklärung. Am Sonntag hätten sich die Parteivorsitzenden lediglich darauf verständigt, die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit des Landes mit Maßnahmen zu verbessern, die auch Lohnkürzungen beinhalten könnten. Damit käme Athen nach Einschätzung von Beobachtern den Forderungen der Geldgeber „einen Schritt näher“.

Zudem sei Athen bereit den Staat um 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes 2012 zu verschlanken. Weiter sollen Maßnahmen zur Rettung der Banken und Rentenkassen Griechenlands nach einem Schuldenschnitt getroffen werden. Zahlen und konkrete Maßnahmen wurden jedoch nicht genannt. Die Stimmung der Parteiführer war nach Ende der Sitzung schlecht: „Das Land kann die Maßnahmen nicht ertragen. Ich kämpfe mit jedem Mittel, um sie abzuwenden“, sagte der Präsident der konservativen Partei Nea Dimokratia (ND), Antonis Samaras, nach der fast vierstündigen Sitzung mit dem griechischen Regierungschef im Fernsehen.

Giorgos Karatzaferis, der Präsident der kleinen rechtsgerichteten Partei (LAOS), die die Regierung des Finanzexperten Papademos unterstützt, warnte vor einer „Verelendung“ der Griechen und einer „Revolution“ in der Gesellschaft. Die Sozialisten und ihr Chef Giorgos Papandreou, der das Land bis vergangenen November regierte, wollten am Montagvormittag bei einer Sondersitzung ihres Parlamentsausschusses entscheiden, ob sie den neuen Maßnahmen zustimmen.

Markus Söder spricht sich für Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone aus

Der bayerische Finanzminister Markus Söder.
Der bayerische Finanzminister Markus Söder.

© dpa

Beobachter sprachen von einer Zwickmühle: Einerseits können die griechischen Parteien zu den Sparplänen kaum Nein sagen, weil dies den Bankrott des Landes bedeuten würde. Andererseits wollten sie sich vor möglicherweise anstehenden Neuwahlen positionieren, die erwartet werden, wenn Griechenland mit neuen Finanzhilfen einem wirtschaftlichen Zusammenbruch entgehen kann. Im Mittelpunkt der Parteiengespräche standen die von den internationalen Geldgebern Griechenlands geforderten zusätzlichen Sparanstrengungen. 15.000 Staatsbedienstete sollen bis Juni gehen.

Insgesamt fordert die „Troika“ die Entlassung von 150.000 Staatsbediensteten bis 2015. Zudem sollen zahlreiche Renten gekürzt werden. Papademos braucht innenpolitische Unterstützung für eine Einigung - andernfalls droht im März die Staatspleite, wenn EU, IWF und EZB einem weiteren Rettungspaket im Volumen von mindestens 130 Milliarden Euro für Athen nicht zustimmen. Parallel wurden am späten Sonntagabend in Athen erneut Verhandlungen mit dem Internationalen Bankenverband über einen Schuldenschnitt aufgenommen.

Angesichts der zähen Verhandlungen über ein zweites Hilfspaket für Griechenland hat der bayerische Finanzminister Markus Söder der Regierung in Athen den Austritt aus der Euro-Zone nahegelegt. “Ich glaube, wir stehen kurz vor der Entscheidung: Wenn die Griechen die Reformen nicht treffen können, dann muss auch diese Hängepartie beendet werden“, sagte der CSU-Politiker. Es werde immer deutlicher, dass Griechenland die geforderten Reformen nicht umsetzen könne und teilweise auch nicht mehr wolle. “Ich glaube nicht mehr persönlich, dass da eine Einigung möglich ist“, sagte Söder. Da Griechenland für die Euro-Partner kein Fass ohne Boden werden dürfe, laufe alles auf einen Bankrott des hoch verschuldeten Landes hinaus. “Vielleicht ist diese Insolvenz auch eine Chance. Man muss nur sehen, dass eine Pleite Griechenlands keine Pleite des Euros in Europa wird“, fügte er hinzu. Die Risiken seien aber gering, weil das Land ein absoluter Sonderfall sei. Einen Neustart für Griechenland könne am Ende nur der Austritt aus der Euro-Zone bringen.

Aus Protest gegen Sparmaßnahmen und Reformen haben Gewerkschaften in Griechenland zu einem 24-stündigen Streik am Dienstag aufgerufen. “Wir planen eine eintägige Arbeitsniederlegung am Dienstag“, sagte Ilias Iliopoulos von der Gewerkschaft ADEDY.

Die beiden großen Gewerkschaften des Landes, ADEDY und GSEE, hatten in den vergangenen Monaten wiederholt gegen die Auflagen für die milliardenschweren Hilfen von EU und IWF für das hoch verschuldete Land protestiert. (dpa, reuters, AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false