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Die Zeit wird knapp für Athen.

© dpa

Griechenland-Krise: Die Tsipras-Liste - Athen bleibt hart

Der griechische Premierminister Alexis Tsipras beharrt auf zentralen Reformvorschlägen - diese lösen nun auch in Deutschland neue Diskussionen aus. Der IWF gewährt Athen derweil einen Schulden-Aufschub bis zum Monatsende.

Aufatmen in Griechenland, jedenfalls ein bisschen: Der Internationale Währungsfonds (IWF) gewährt Athen Aufschub und stimmt einer Bündelung der im Juni fälligen Kreditraten zu. Damit müsse die am Freitag fällige Tranche in Höhe von rund 300 Millionen Euro erst zum Monatsende überwiesen werden, teilte ein Sprecher des IWF am Donnerstag mit. Am 30. Juni seien insgesamt vier Zahlungen fällig.

In der Sache jedoch wird weiterhin hart verhandelt. Bei den laufenden Gesprächen mit den Geldgebern zeigt sich die Athener Regierung unnachgiebig. Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras beharrt auch nach einem Treffen mit EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker auf zentralen Punkten einer Reformliste, die er zu Beginn der Woche den Gläubigern präsentiert hatte. Die Liste, von der Online-Ausgabe des Tagesspiegels am Donnerstag exklusiv veröffentlicht, löste auch in Deutschland neue Diskussionen aus.

Die Grünen appellierten an die EU-Kommission, den IWF und die Europäische Zentralbank (EZB), die Reformvorschläge der Athener Regierung als Grundlage für weitere Gespräche zu akzeptieren. Grünen-Chefin Simone Peter sagte dem Tagesspiegel: „Tsipras hat ein ausgewogenes Angebot vorgelegt.“ Es dürfe in dieser kritischen Phase der Verhandlungen „keine reflexhaften Ablehnungen oder eine Rhetorik der „letzten Angebote“ geben. Das gelte insbesondere für die Bundesregierung, die sich nun verhandlungsbereit zeigen müsse.

Bislang lehnen es die Gläubiger ab, auf der Basis des griechischen Vorschlags zu verhandeln. Weitere Gespräche sollen ausschließlich auf Grundlage ihres Angebots geführt werden. Dieses hatten IWF, EZB und EU–Kommission am Montag gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident François Hollande erarbeitet. „Wir verhandeln nur über ein Dokument“, sagte EU-Währungskommissar Pierre Moscovici dem Tagesspiegel. Ähnlich hatte sich auch ein Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble geäußert. Dagegen erklärte Peter, die griechische Reformliste sei „eine gute Grundlage“ für eine Einigung. Tsipras komme den Gläubigern in einigen Punkten weit entgegen, etwa bei der Frühverrentung oder der stärkeren Einbeziehung hoher Einkommen und Vermögen.

Der SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider sagte dem Tagesspiegel, die Vorschläge aus Athen könnten "nur ein Anfang" sein. "Gerade in der Steuerverwaltung kommt es auf die Umsetzung an", so Schneider. "Wenn die griechische Regierung echte Strukturreformen endlich umsetzt, hat sie unsere Unterstützung verdient. Aber die Steuerzahler in Europa werden nicht das Wahlprogramm von Syriza bezahlen.“

Der SPD-Europaabgeordnete Jakob von Weizsäcker sagte: "Es ist gut, dass jetzt substanzielle Papiere zwischen der Regierung in Athen und den Gläubigern ausgetauscht werden." Allerdings schränkte der Parlamentarier mit Blick auf die Reformbereitschaft der griechischen Regierung ein: "Ich fürchte, dass das Rentensystem in der gegenwärtigen Form nicht nachhaltig ist."

Auch der SPD-Europaabgeordnete Udo Bullmann sagte, die Vorschläge der Gläubiger und der griechischen Regierung seien "ein Ausgangspunkt für konstruktive Verhandlungen". Bullmann forderte, dass nun Lösungen gefunden werden müssten, "damit endlich Signale für einen wirtschaftlichen Aufbruch gesetzt werden". Nach den Worten des Parlamentariers schade "ein schier endloses Hin und Her" sowohl Griechenland als auch den EU-Partnern.

Tsipras will Extrasteuer für Gewinne von Großunternehmen

Die griechische Regierung will die Gläubiger unter anderem mit Privatisierungen und einem Frühverrentungsverbot zu weiteren Milliardenzahlungen bewegen. Die 47-seitige Liste enthält auch eine „Solidaritätssteuer“, die im laufenden Jahr 220 Millionen Euro und im kommenden Jahr 250 Millionen Euro einbringen soll. Eine Extrasteuer für Gewinne von Großunternehmen soll über eine Milliarde Euro bringen. Den Plänen zufolge würde es künftig für die Griechen nicht mehr möglich sein, vor dem 62. Lebensjahr in Frührente zu gehen.

Die Gläubiger lehnen viele Punkte der Liste ab und fordern weitere Einschnitte. So hieß es in EU-Kreisen zu dem Athener Vorschlag, wieder zu einem flächendeckend geltenden Tarifrecht zurückzukehren: „Das wird so nicht gehen.“ Am Freitag wird Tsipras das griechische Parlament über die Verhandlungen informieren, die in den kommenden Tagen fortgesetzt werden sollen.

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