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Griechenland: Papandreou stimmt auf schwere Zeiten ein

Athen will mit radikalen Reformen die Krise bewältigen. Das Staatsdefizit soll im nächsten Jahr um acht Milliarden Euro reduziert werden.

Die Kabinettsmitglieder saßen in der ersten Reihe. Mehr als hundert Gewerkschafter, Unternehmer und Verbandsvertreter hatten sich in der Rotunde des Athener Zappeion-Baus versammelt, als der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou zu seiner Ruck-Rede ansetzte. Papandreou sprach nicht nur zu den Zuhörern im Saal und zu seinen Landsleuten, die vor den Fernsehgeräten saßen. Seine Adressaten waren auch die Analysten der internationalen Finanzinstitutionen und die Partner Griechenlands in Europa. Sie erwarten, dass der seit Anfang Oktober amtierende sozialistische Premier das Ruder herumreißt, das griechische Staatsschiff aus dem Schuldenstrudel steuert und auf einen nachhaltigen Konsolidierungskurs bringt.

„Wir laufen Gefahr, in unseren Schulden zu ertrinken“, warnte der Premier und mahnte: „Entweder wir ändern uns oder wir gehen unter.“ Der Kurs ist abgezirkelt: Papandreou will das Haushaltsdefizit, das in diesem Jahr 12,7 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) erreichen dürfte, im kommenden Jahr auf neun, im Jahr danach auf sieben und 2012 auf fünf Prozent drücken. 2013 soll die Defizitquote mit weniger als drei Prozent dann den Vorgaben des EU-Stabilitätspaktes entsprechen.

Doch wie der Steuermann Papandreou diese Wendemarken planmäßig erreichen will, ist noch nicht ganz klar. Nur für das Jahr 2010 sind die Budgetziele bisher abgesteckt: Das Defizit soll um acht Milliarden Euro reduziert werden, je zur Hälfte durch Einsparungen bei den Ausgaben und durch höhere Steuereinnahmen. Im kommenden Jahr gibt es einen völligen Einstellungsstopp im Staatsdienst, von 2011 an soll nur noch jede fünfte frei werdende Stelle neu besetzt werden. Staatsbedienstete, die mehr als 2000 Euro im Monat verdienen, bekommen eine Nullrunde verordnet, für die Geringerverdiener soll es einen Inflationsausgleich geben. Ministern, Abgeordneten und Managern der Staatsunternehmen will Papandreou die Bezüge kürzen. Viel Beifall von den Gewerkschaftern bekam der Premier für seine Ankündigung, Bankerboni mit 90 Prozent zu besteuern. Auch Papandreous Plan, die Offshore-Gesellschaften stärker zu besteuern, bei denen viele wohlhabende Griechen ihre Immobilien registriert haben, um Steuern zu sparen, dürfte den Gewerkschaften gefallen.

Bis Ende März will Papandreou seine Steuerreform ausarbeiten. Sie könnte höhere Belastungen für die Mehrzahl der Griechen bringen. Der Premier kündigte „harte und schmerzhafte Entscheidungen“ an. Seine Regierung werden nun die Reformen anpacken, die seit Jahrzehnten überfällig seien, sagte Papandreou. Ein Schwerpunkt soll die Bekämpfung der Korruption sein – ein aktuelles Thema, wie am Dienstag der Rücktritt des Staatssekretärs im Athener Innenministerium zeigte. Er soll Polizisten, die zu seiner politischen Klientel gehören, bei Versetzungen bevorzugt behandelt haben. Die Affäre ist peinlich für Papandreou, der im Wahlkampf versprochen hatte, die Vetternwirtschaft auszumerzen.

Auf die Unterstützung der anderen Parlamentsparteien kann der Premier rechnen, wie sich bei einem Krisentreffen der Parteiführer unter dem Vorsitz von Staatspräsident Karolos Papoulias zeigte. Papandreou sprach nach den zweistündigen Gesprächen von einem „sehr positiven Treffen“. Die Finanzmärkte hat Papandreou mit seinen Ankündigungen nicht überzeugen können. Abzulesen war das an den weiter fallenden Kursen der griechischen Staatsanleihen.

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