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IWF-Chefin Christine Lagarde wird am Mittwochnachmittag im Kanzleramt erwartet.

© Reuters

Griechenland: Rechnung mit Lagarde

Beim Treffen von Kanzlerin Angela Merkel und IWF-Chefin Christine Lagarde in Berlin steht die Beteiligung des IWF an den Griechenland-Hilfen im Mittelpunkt. Aber erst einmal muss Athen das Renten- und Steuersystem reformieren.

Viele Bundestagsabgeordnete dürften die Prognose des Chefs des Euro-Rettungsfonds (ESM), Klaus Regling, gerne gehört haben. Er gehe davon aus, dass Griechenland ab Mitte des kommenden Jahres „auf eigenen Beinen steht und sich selbst Geld am Markt besorgen kann“, sagte Regling der „Süddeutschen Zeitung“. Falls Regling mit seiner Einschätzung Recht behalten sollte, würde Griechenlands Euro-Partnern – und letztlich auch dem Bundestag – eine quälende Debatte über ein viertes Griechenland-Hilfspaket erspart bleiben.

Bundestag muss der nächsten Hilfstranche zustimmen

Dennoch können sich die Haushaltsexperten im Bundestag angesichts des Griechenland-Dramas in den kommenden Monaten keineswegs entspannt zurücklehnen. Denn dann entscheidet sich, ob Hellas neue Hilfsgelder aus dem gegenwärtigen dritten Rettungspaket erhält. Die genaue Höhe der Hilfstranche steht noch nicht fest, genannt wurde in Medienberichten eine Summe von sechs Milliarden Euro. Damit das Geld Richtung Athen fließen kann, muss der Haushaltsausschuss zustimmen. Dies müsste bis Juli geschehen, denn dann braucht Athen die Mittel zur Bedienung von Schulden in Höhe von rund sieben Milliarden Euro.

Es gibt aber noch einen anderen Grund, warum die Fachleute im Bundestag die weitere Entwicklung in Athen genau im Blick behalten: Falls der Internationale Währungsfonds (IWF) zu der Entscheidung kommen sollte, beim dritten Griechenland-Paket außen vor zu bleiben, wird sich auch das Parlament noch einmal grundsätzlich mit einer Fortsetzung der Hilfen für das Land befassen müssen. Entsprechend haben sich Finanzminister Wolfgang Schäuble und Finanzstaatssekretär Jens Spahn (beide CDU) im Europaausschuss des Bundestages geäußert. Zwar zeigte sich Schäuble zu Beginn der Woche beim Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel überzeugt, dass sich der IWF am Ende beim dritten Griechenland-Paket beteiligen wird. Aber die Entscheidung in Washington, dem Sitz des Währungsfonds, ist noch nicht gefallen.

Als hilfreich für den IWF könnte sich der Beschluss der Euro-Finanzminister erweisen, dem zufolge bei den laufenden Verhandlungen zwischen den Geldgebern und Athen weniger auf strikte Haushaltsziele und mehr auf tief greifende Strukturreformen geachtet werden soll. Dies hatte der IWF in der Vergangenheit immer wieder gefordert. Um den Kompromiss der Euro-Finanzminister wird es vermutlich auch bei dem am Mittwochnachmittag geplanten Treffen zwischen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und IWF-Chefin Christine Lagarde im Kanzleramt gehen.

Streit um Schuldenerleichterungen schwelt vorerst weiter

Trotz der Annäherung zwischen Europäern und IWF im Streit um das richtige Rezept bei der Griechenland-Rettung bleibt aber ein Dissens in einem Punkt vorerst bestehen: Der IWF hält weitere Schuldenerleichterungen für Athen für nötig, während Athens Euro-Partner die gegenteilige Auffassung vertreten. Das nächste Kapitel im Griechenland-Drama steht dabei auch schon fest: Sobald es bei den Verhandlungen um die Auszahlung der nächsten Hilfstranche eine Einigung über die von Athen verlangen Reformen der Arbeitsmärkte sowie beim Steuer- und Rentensystem gibt, will der IWF erneut nachrechnen, ob Griechenland Schuldenerleichterungen braucht – oder nicht.

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