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Griechenland & Türkei: Zypern: Unter alten Freunden

Die Führer von Griechen und Türken auf Zypern wollen die Einheit – bisher ohne Durchbruch. Das soll sich jetzt ändern.

Die Verhandlungen über eine Vereinigung der seit 1974 geteilten Mittelmeerinsel Zypern sind an einem kritischen Punkt angelangt: Die nächsten Wochen könnten darüber entscheiden, ob die Gespräche zum Erfolg führen oder scheitern.

Bereits 60 Mal haben sich der griechisch-zyprische Präsident Dimitris Christofias und der türkische Volksgruppenführer Mehmet Ali Talat seit dem September 2008 getroffen, um über eine Lösung der Zypernfrage zu verhandeln. Die Treffen finden unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen im Niemandsland zwischen dem griechischen Süden und dem türkischen Norden der Insel statt. Diese Pufferzone wird von UN-Blauhelmsoldaten kontrolliert. Christofias und Talat sind alte Freunde, beide beteuern ihren Willen zur Einigung. Das Ziel ist die Bildung einer zypriotischen Föderation mit zwei weitgehend autonomen Teilstaaten für die beiden Volksgruppen und einer gemeinsamen Zentralregierung. Aber die Gespräche kommen nur sehr schleppend voran. „Leider kann ich nicht sagen, dass wir nah an einer Lösung sind“, sagte Christofias jetzt. „Es gibt zwar Fortschritte, aber sie bleiben hinter unseren Erwartungen zurück.“ Auch Talat äußerte sich unzufrieden.

Jetzt wollen die beiden Politiker ihre Bemühungen intensivieren: am heutigen Montag beginnt eine auf drei Tage angesetzte Verhandlungsrunde, eine zweite folgt zwischen dem 25. und 27. Januar. Drei Themenkomplexe stehen auf der Tagesordnung: die Verteilung der politischen Macht und der administrativen Kompetenzen zwischen den Volksgruppen, die Außenbeziehungen der geplanten Teilstaaten und Vermögens- und Entschädigungsfragen für Zyprer beider Volksgruppen, die durch die Inselteilung zu Vertriebenen wurden – das komplizierteste Verhandlungskapitel überhaupt.

Die meisten Beobachter sind sich einig: wenn es Talat und Christofias in den beiden Marathon-Gesprächsrunden nicht gelingt, greifbare Fortschritte zu erzielen, sind die Verhandlungen zum Scheitern verurteilt. Erzielen die beiden Volksgruppenführer hingegen eine Annäherung, könnten die stockenden Gespräche endlich durchstarten. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon ermutigte vergangenen Donnerstag in Telefonaten die beiden Volksgruppenführer, ihre Verhandlungen zu intensivieren. Er sei „vorsichtig optimistisch, dass eine Lösung erreicht werden kann“, sagte Ban Ki-moon. Am 2. Februar wird der UN-Generalsekretär auf Zypern erwartet. Bis dahin sollte klarer sein, ob die Gespräche überhaupt noch eine Chance haben.

So oder so drängt die Zeit. Im April finden Präsidentschaftswahlen im türkischen Norden der Insel statt. In den Meinungsumfragen liegt der Nationalist und Einigungsgegner Dervis Eroglu mit 22 Prozentpunkten Vorsprung weit vor Talat. Ein Wahlsieg Eroglus würde nach Einschätzung der meisten Beobachter das vorläufige Ende der Einigungsbemühungen bedeuten.

Das zu 80 Prozent von Griechen und 18 Prozent von Türken bewohnte Zypern ist geteilt, seit 1974 die seinerzeit in Athen regierende Obristenjunta versuchte, die Insel mit einem Putsch gegen den damaligen Präsidenten Erzbischof Makarios zu annektieren. Die Türkei reagierte mit einer Invasion und der Besetzung des nördlichen Drittels der Insel, um den drohenden Anschluss an Griechenland und die befürchtete Vertreibung der türkischen Volksgruppe zu verhindern. Seither haben beide Volksgruppen mehrfach über eine Wiedervereinigung verhandelt. 2004 scheiterte ein Einigungsplan des damaligen UN-Generalsekretärs Kofi Annan am Nein der Inselgriechen.

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