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Die Barriere soll an einem rund zwölf Kilometer langen Abschnitt im äußersten Nordosten Griechenlands gebaut werden.

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Griechischer Grenzzaun: "Europa macht die Tür zu"

Die türkische Seite bestreitet nicht, dass es ein Flüchtlingsproblem gibt. Die Pläne Griechenlands zum Bau eines Grenzauns werden dennoch kritisiert. Mit einer Barriere würde Griechenland signalisieren, dass es nicht an einen EU-Beitritt der Türkei glaubt.

In der Türkei stoßen die Pläne Griechenlands zur Errichtung eines Zauns an der Landgrenze zwischen beiden Ländern auf Kritik. Ein Zaun sei nicht die richtige Antwort auf das Problem illegaler Grenzübertritte von Flüchtlingen, sagte der Oppositionspolitiker und ehemalige Botschafter der Türkei in Deutschland, Onur Öymen, am Montag dem Tagesspiegel. Der Zaun sende ein eindeutiges Signal an die Türkei: "Europa macht die Tür zu." Die Regierung in Ankara äußerte sich noch nicht - möglicherweise will sie zuerst mit Athen reden: Das Thema Grenzzaun dürfte beim Besuch des griechischen Premiers Giorgos Papandreou in der Türkei in dieser Woche zur Sprache kommen.

Die Barriere soll an einem rund zwölf Kilometer langen Abschnitt im äußersten Nordosten Griechenlands gebaut werden, der sich in den vergangenen Jahren zu einem Zentrum illegaler Grenzübertritte entwickelt hat. Anders als an den meisten anderen Stellen der rund 200 Kilometer langen Landgrenze zwischen Griechenland und der Türkei folgt die Grenzlinie dort nicht dem Fluß Mariza, der auf Griechisch Evros und auf Türkisch Meric heißt, sondern verläuft über freies Feld.

Allein in den ersten elf Monaten nahmen griechische Beamte, unterstützt von der europäischen Grenztruppe Frontex, an dem 12-Kilometer-Streifen etwa 32.500 Flüchtlinge fest. Weitere 10.000 Menschen wurden im selben Zeitraum auf der türkischen Seite der Grenze festgenommen. Wegen ihrer geographischen Brückenlage zwischen Ost und West ist die Türkei in den vergangenen Jahren ein Haupttransitland für Menschen aus Afrika, Asien und dem Nahen Osten geworden, die im wohlhabenden Westeuropa ein neues Leben suchen.

Die türkische Seite bestreitet nicht, dass es ein Flüchtlingsproblem gibt. Aber Zäune oder Minen seien nicht das geeignete Mittel, um dieses Problem zu lösen, sagte Oppositionspolitiker Öymen. Statt dessen sollten die griechischen und türkischen Grenzbehörden enger zusammenarbeiten.

Aus türkischer Sicht steht beim Thema Grenzzaun aber nicht die Flüchtlingsfrage im Vordergrund, sondern die psychologische Wirkung der Sperre. Mit einem Zaun oder einer anderen Art Barriere würde Griechenland signalisieren, "dass es nicht an einen EU-Beitritt der Türkei in absehbarer Zukunft glaubt", sagte Öymen. Die offizielle Unterstützung Griechenlands für die türkische EU-Kandidatur würde damit als bloßes "Lippenbekenntnis" entlarvt.

Öymen steht mit seiner Kritik nicht allein. "Ich weiß ja nicht, wie der türkische Staat darüber denkt, aber ich fühle mich gedemütigt", schrieb ein Leser der Internetausgabe der Zeitung "Radikal" am Montag. Der Kolumnist Erdal Safak betonte in der Zeitung "Sabah" ebenfalls, die Grenze zwischen der Türkei und Griechenland bilde zugleich die Grenze zwischen der Türkei und Europa. Ein Zaun an dieser Stelle signalisiere "unüberwindbare Hindernisse". Einige Zeitungen verglichen das Vorhaben der Athener Regierung mit dem Grenzzaun zwischen den USA und Mexiko sowie mit der Mauer zwischen Israel und dem Westjordanland.

Doch nicht überall in der Türkei wird Griechenland kritisiert. Aus dem Dörfchen Bosnaköy, das rund ein Kilometer Entfernung von jenem Grenzabschnitt entfernt liegt, der auf griechischer Seite mit dem Zaun bewehrt werden soll, vermeldeten türkische Zeitungen positive Kommentare. Bisher trampelten Flüchtlinge auf ihrem Weg gen Westen häufig das Getreide auf den Feldern der Bauern aus Bosnaköy nieder, sagte ein Dorfbewohner der Zeitung "Taraf". Mit dem Zaun werde das vielleicht aufhören. Immer wieder werde er von den Flüchtlingen nach dem Weg gefragt, sagte der Mann laut "Taraf". Auch wenn die Migranten kein Türkisch sprechen, gibt es dabei keine Verständigungsprobleme: "Sie fragen immer nach 'Europa, Europa'."

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