zum Hauptinhalt

Großbritannien: Blair will binnen eines Jahres zurücktreten

Der britische Premierminister Tony Blair will binnen eines Jahres sein Amt als Regierungschef abgeben. Indirekt kündigte er auch seinen Rücktritt als Parteichef an.

London - Nach der jüngsten Revolte innerhalb seiner eigenen Partei hat der britische Premierminister Tony Blair seinen Rücktritt als Regierungs- und Labourchef binnen eines Jahres zugesagt. Der für Ende des Monats geplante Parteitag werde sein letzter sein, sagte Blair. Trotz der Forderungen seiner Gegner weigerte er sich aber weiterhin, ein genaues Rücktrittsdatum zu nennen: Er werde dies vom "Interesse des Landes" und den "Umständen" abhängig machen, sagte Blair weiter. Seit Anfang der Woche war der Druck auf den Premier, einen Zeitplan für seinen Rückzug zu nennen, immer größer geworden.

Die Frage, wann und ob Blair sein Amt an seinen mutmaßlichen Nachfolger Gordon Brown abgibt, beschäftigt seine Partei nun schon seit zwei Jahren. Nur unter großen Verlusten war der seit 1997 amtierende Labour-Chef im Mai 2005 wiedergewählt worden. Anschließend hatte er verkündet, er werde seinen Stuhl noch vor Ablauf seines dritten Mandats räumen. Laut Medienberichten war dies Teil eines Stillhalteabkommens zwischen Blair und Brown. Doch weder hat Blair seinen Finanzminister seitdem offen als Nachfolger benannt, noch gab er einen Zeitrahmen bekannt.

Seit Monaten fällt Labour - nicht zuletzt wegen Blairs umstrittenen Irak-Kurs - immer weiter in der Wählergunst; Umfragen sehen inzwischen sogar erstmals wieder die Konservativen vorne. Anfang der Woche forderten 17 Labour-Abgeordnete in einem Brief seinen Rücktritt, am Mittwoch dann legten ein Staatssekretär und sechs weiterer Mitarbeiter der Regierung ihre Ämter nieder und forderten ihren Premier auf, dasselbe zu tun.

Blair beugt sich der Partei

Offen gab der Premier zu, dass er sich nur dem Druck innerhalb seines eigenen Lagers gebeugt hat: Er hätte die Wahl des richtigen Zeitpunkts und das Datum für den Rücktritt lieber selbst bestimmt. Die Rebellion innerhalb seiner Partei habe nicht gerade zu Labours "Sternstunden" gehört, kritisierte er weiter. Seine Partei müsse verstehen, dass zuallererst das Interesse des Landes zählt und "wir die Öffentlichkeit nicht als bedeutungslose Zuschauer behandeln können bei einer so wichtigen Frage, wer ihr Regierungschef ist". Es sei eine schwierige Woche gewesen, räumte Blair ein. Doch nun sei es an der Zeit weiterzugehen.

Ob es Blair tatsächlich gelungen ist, die Gemüter innerhalb seiner Partei zu beschwichtigen, bleibt fraglich. Die britischen Zeitungen berichteten von lautstarken Auseinandersetzungen zwischen dem Premier und seinem Rivalen Brown. Dabei soll der Finanzminister gefordert haben, Blair solle so rechtzeitig zurücktreten, dass sein Nachfolger im Mai bereits im Amt sein könne. Bis dahin wollte Brown laut "Sun" ein System der "Co-Entscheidungen" einrichten, das ihm ein Vetorecht bei den wichtigsten politischen Maßnahmen eingeräumt hätte. Blairs Mitarbeiter sprachen anschließend mit ausdrücklicher Genehmigung ihres Chefs von "Erpressung". Brown betonte dagegen, er werde Blair unterstützen, welche Entscheidung er auch treffen möge. (tso/AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false