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David Cameron.

© AFP

Großbritannien: Homo-Ehe spaltet Konservative

Das Unterhaus in London votiert für die Gleichstellung und erlaubt die Ehe für Homosexuelle - kirchliche Trauung eingeschlossen. Doch in der konservativen Partei von David Cameron gärt es. Weit über die Hälfte der Fraktion folgte ihrem Premierminister nicht.

Das britische Unterhaus hat in einer historischen Abstimmung die rechtliche Gleichstellung von heterosexueller und homosexueller Ehe beschlossen. „Ich bin stolz, dass meine Regierung dieses Gesetz vorantreibt“, sagte Premier David Cameron. Vizepremier Nick Clegg sprach von einem „Meilenstein der Gleichheit“. „Egal wer wir sind und wen wir lieben, wir sind alle gleich. Ehe handelt von Liebe und Treue, und das sollte Menschen nicht deshalb verweigert werden, weil sie schwul sind.“

Großbritannien führte 2004 Lebenspartnerschaften ein, die aber einen von der Ehe gesonderten Status haben. Nun soll für Homosexuelle die volle rechtliche Gleichstellung gelten, einschließlich einer kirchlichen Trauung – die in England standesamtlichen Status hat. Allerdings soll es Ausnahmeregelungen geben. Kirchen, Synagogen und Moscheen können nicht gegen ihren Willen gezwungen werden, Homosexuellen-Ehen zu schließen.

Hinter dem klaren Abstimmungsergebnis, der das Gesetz nun in das Ausschussstadium bringt, verbirgt sich ein erbitterter Streit zwischen Konservativen und Liberalen in der Gesellschaft. Aber vor allem Camerons Tory-Partei ist gespalten. Die Basis wirft Cameron vor, über die Köpfe der Parteimitglieder hinweg zu handeln und die Wahl 2015 aufs Spiel zu setzen. Wahlkreise melden Parteiaustritte. Abgeordnete wurden unter Druck gesetzt, gegen die Reform zu stimmen. Während die Labour- Abgeordneten und die Liberaldemokraten die Reform mit großer Mehrheit unterstützten, stehen bei den Konservativen nicht einmal die Hälfte hinter Camerons Plan. Bei freier Abstimmung ohne Fraktionszwang enthielten sich 40 Konservative der Stimme, 136 stimmten dagegen, nur 127 dafür.

Der Abgeordnete Edward Leigh sagte, es sei die Aufgabe der Tories, „geliebte Institutionen und kulturelle Werte zu schützen. Wenn wir das nicht tun, wozu brauchen wir dann eine konservative Partei?“ Eine Ehe sei seit Tausenden von Jahren die Union von Mann und Frau gewesen, so Gegner des Gesetzes. „Es ist wie bei Orwell, wo die Regierung versucht, das Lexikon umzuschreiben“, klagte der Tory Roger Gale. Gläubige Menschen müssten mit Entsetzen zusehen, wie auf ihrem Glauben „herumgetrampelt“ werde.

Reformer glauben, dass die Reform wie bei der Einführung der Lebenspartnerschaften nach heftigen Kontroversen schnell zur Selbstverständlichkeit wird. Reformgegner, auch der neue Erzbischof von Canterbury, John Welby, warnen dagegen vor unvorhergesehenen Konsequenzen. Vor allem fürchtet die Kirche, dass der Sonderdispens vor dem europäischen Menschenrechtsgericht keinen Bestand haben wird. Nachdem der Begriff der Ehe einmal unterminiert sei, könnten Kläger sogar polygame Ehen durchsetzen, wird behauptet. Cameron muss nun seine Partei wieder in den Griff bekommen. Auch nach der Europarede wimmelt es von Berichten und Gerüchten über Verschwörungen und Putschpläne. Neben der Sozialpolitik macht vor allem die unsichere Wirtschaftsentwicklung die konservative Parteibasis nervös.

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