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Großbritannien: Machtkampf in der Labour-Partei

Der Streit zwischen dem britischen Premier Tony Blair und Abgeordneten der regierenden Labour-Partei spitzt sich zu. Blair lehnte die Forderung der Abgeordneten, einen Termin für seinen Rücktritt zu nennen, kategorisch ab.

London - Die Vorlage eines Planes für die Übergabe der Macht könne die Regierung des Landes «lahm legen» und Großbritannien «schweren Schaden» zufügen, betonte der politisch angeschlagene Blair bei einer Pressekonferenz. Er werde deshalb auf entsprechende Forderungen einer Gruppe von linken Labour-Abgeordneten keineswegs eingehen.

Blairs Gegner in der Partei hatten als Konsequenz aus der bislang schwersten Labour-Niederlage bei Kommunalwahlen in der vergangenen Woche sowie unter dem Eindruck des blutigen Chaos im Umfeld der britischen Truppen im Irak rasche Entscheidungen verlangt. Im Entwurf eines Briefes, der den Medien zugespielt wurde, verlangen sie von Blair, dass er entweder einen Zeitplan für die Übergabe seines Amtes an den innerparteilich als Nachfolger geltenden Schatzkanzler Gordon Brown vorlegt. Alternativ könne er eine offenen Wettbewerb innerhalb der Partei um das Amt zulassen.

Blair warf dem linken Labour-Flügel vor, die gesellschaftliche Modernisierung von «New Labour» aufhalten zu wollen. Solche Versuche würden die Labour-Partei zurück in die Opposition führen. Er bekräftigte aber generell sein bereits nach der letzten Wahl 2005 abgegebenes Bekenntnis zu einer «geordneten und ruhigen» Machtübergabe. Sein Nachfolger werde noch vor Ende der gegenwärtigen Legislaturperiode «die Zeit bekommen, die er braucht, um sich zu etablieren».

Blair sagte, es bleibe bei seiner früheren Ankündigung, sich nicht noch einmal einer Parlamentswahl zu stellen, nachdem er im Mai vergangenen Jahres zum dritten Mal für Labour Wahlen gewonnen habe. Der nächste Urnengang ist kaum vor 2010 zu erwarten. Der Premier war in den vergangenen Wochen wegen mehrerer Skandale in seinem Kabinett erneut stark in die Kritik geraten. Er hatte daraufhin nach der verlorenen Kommunalwahl seine Regierung radikal umgebildet und 13 Posten anders besetzt.

Die dabei erfolgte Ablösung des britischen Außenministers Jack Straw hat nach den Worten Blairs nichts mit angeblichen Differenzen mit den USA in der Iran-Politik zu tun. Derartige Gerüchte in britischen Medien seien «Blödsinn», betonte Blair. Straw habe mit dem Amt des Labour-Fraktionschefs im Parlament eine «wirklich, wirklich schwierige» Aufgabe übernommen.

Oppositionsführer David Cameron bezeichnete die Auseinandersetzungen im Labour-Lager als «Bürgerkrieg» auf höchstem Niveau der Regierung. Der Machtkampf zwischen den Lagern des Schatzkanzlers und des Premierministers habe Blairs Autorität ausgehöhlt, sagte der Vorsitzende der Konservativen Partei. Sein Amtskollege Menzies Campbell von der zweitstärksten Oppositionspartei der Liberaldemokraten erklärte, Blair müsse den Forderungen nach einem Rücktrittsdatum «im Interesse des Landes» nachkommen. (tso/dpa)

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