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David Cameron.

© AFP

Update

Großbritannien: Premier Cameron baut seine Regierung um

Der britische Premier David Cameron hat knapp ein Jahr vor der nächsten Parlamentswahl gehandelt: Seine Regierung wird künftig noch mehr Distanz zu Brüssel zeigen - aber auch weiblicher sein.

Der britische Premierminister David Cameron will zur Parlamentswahl im kommenden Jahr mit einem veränderten Team antreten - es soll weiblicher sein, konservativer, skeptischer gegenüber Europa. Damit will er auch ein Signal an die Wähler der nationalistischen United Kingdom Independence Party (Ukip) setzen, die im Mai bei der Europawahl und den Kommunalwahlen massiv zugelegt und sich so zur gefährlichen Konkurrenz für die Konservative Partei Camerons gemausert hat. Zudem muss Cameron angesichts seiner Niederlage bei der Nominierung des EU-Kommissionspräsidenten und einer gewissen Affärenanfälligkeit seiner Regierung Entschlossenheit und Führungsstärke zeigen; zuletzt wurde sein Ex-Sprecher Andy Coulson im Zusammenhang mit einem Abhörskandal sogar zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.

Euroskeptiker im Außenamt

Das Anti-Brüssel-Signal hat auch einen Namen: der EU-Skeptiker Philip Hammond, bisher Verteidigungsminister, wird Nachfolger des als Außenminister zurückgetretenen William Hague. Zwar war auch Hague kein ausgesprochener EU-Freund, doch galt er in der Frage der britischen EU-Mitgliedschaft noch als gemäßigter Konservativer. Hammond dagegen hat schon vor einiger Zeit angekündigt, bei dem von Cameron geplanten Referendum über die EU-Mitgliedschaft gegen einen Verbleib seines Landes in der Union zu stimmen, wenn nicht Zuständigkeiten von Brüssel auf die nationale Ebene zurückverlagert würden. Das Referendum soll 2017 stattfinden; die Ankündigung sollte Druck von den Konservativen nehmen und den starken europaskeptischen Flügel der Tories besänftigen. Doch hat Cameron damit auch die Erwartungshaltung verstärkt, wonach er im Kreis der Regierungschefs in Brüssel deutliche Erfolge bei seiner Forderung nach einer stärker dezentralisierten EU erzielen muss.

Hague beendet Karriere

Der erst 53-jährige Hague, einer der Köpfe der Konservativen in den letzten 20 Jahren, einst als große Hoffnung der Konservativen geltend, wird nun als "Leader of the House of Commons" die Fraktionsführung übernehmen. Bei der Wahl 2015 wird er nicht mehr antreten, er will sich dann auf das Schreiben von Büchern verlegen. Als Außenminister seit 2010 hatte er sich vor allem auf Aufgaben außerhalb Europas konzentriert, etwa in der Libyen-Krise oder im Bürgerkrieg in Syrien; zuletzt machte er sich auch für die Rechte von Frauen in Kriegsgebieten stark, gemeinsam in Aktionen mit der US-Schauspielerin Angelina Jolie. Als künftigen britischen EU-Kommissar benannte Cameron einen relativ EU-freundlichen Parteimann: Jonathan Hill war einst Berater von Premier John Major und führte die letzten Jahre die Tory-Fraktion im Oberhaus.

Auch Clarke und Gove müssen gehen

Mit Hague scheidet auch der 74-jährige Kenneth Clarke aus der Regierung und 2015 wohl auch der Politik aus, der letzte führende Tory, der schon unter der Partei-Ikone Margaret Thatcher Kabinettsposten hatte. Clarke war zuletzt Minister ohne Portefeuille. Ebenfalls aus dem Kabinett flog Bildungsminister Michael Gove, der als "Chief Whip" ebenfalls in die Fraktionsführung wechselt. Gove hatte unter anderem mit einem sehr national orientierten neuen Lehrplan für das Schulfach Geschichte Schlagzeilen gemacht und immer wieder die Lehrer gegen sich aufgebracht. Cameron zeigte mit der Entscheidung, dass er auch engere politische Freunde zu opfern bereit ist, um 2015 nochmals einen Wahlsieg zu landen.

Drei Frauen steigen auf

Auf Gove folgt eine Frau: Nicky Morgan war bisher Juniorministerin im Finanzministerium. Mit Liz Truss übernimmt eine weitere jüngere Frau aus der zweiten Reihe das Umwelt- und Ernährungsressort. Vorgänger Owen Cameron muss das Kabinett verlassen. Zudem bekamen die Ministerinnen Esther McVey und Tina Stowell Kabinettsrang, gehören also zur engeren Regierungsmannschaft. Cameron will sich zum Wahlkampf mehr mit Frauen umgeben, der konservative "Daily Telegraph" kommentierte, der Premier habe "die Axt" daher bei den "weißen Männern mittleren Alters" angesetzt. Insgesamt mussten zwölf Männer Regierungspositionen abgeben - meist auf der zweiten Ebene, entsprechend den Parlamentarischen Staatssekretären in der deutschen Regierung. Die Umbildung der Regierungsmannschaft solle sicherstellen, dass es fortan keine Bilder mehr in den Medien gebe, auf denen Cameron im Parlament nur von Männern umringt ist, schrieb der „Independent“. Im Verteidigungsministerium folgt allerdings ein Mann nach: Michael Fallon war bisher Staatsminister im Wirtschaftsministerium.

Die Kabinettsumbildung kommt zwei Monate vor dem Schottland-Referendum im September und zehn Monate vor den Unterhauswahlen im Mai 2015.

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