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Politik: GROSSBRITANNIEN

Für die Briten ist die Europawahl mehr denn je ein innenpolitisches Plebiszit. Schuld ist vor allem der Spesenmissbrauch durch Abgeordnete aller Parteien im Unterhaus.

Für die Briten ist die Europawahl mehr denn je ein innenpolitisches Plebiszit. Schuld ist vor allem der Spesenmissbrauch durch Abgeordnete aller Parteien im Unterhaus. Viele Briten dürften die Wahl, die wieder mit Kommunalwahlen gekoppelt ist, zudem als Abstimmung über die wirtschaftliche Situation und die Labour-Regierung von Premier Gordon Brown betrachten. Schließlich hatten die Wähler noch nie eine Gelegenheit, ihr Votum über Brown abzugeben, der seit zwei Jahren die Regierungsgeschäfte führt. Die Europapolitik spielt bei der Abstimmung nur eine Nebenrolle – wobei sich an der mehrheitlich europakritischen Haltung der Briten nichts geändert hat.

„Für jeden Wähler, der aus Abscheu der Wahl fernbleibt, gibt es einen anderen, der den großen Parteien zeigen will, was er von ihnen hält“, glaubt der Glasgower Politologe John Curtis. Protest und niedrige Wahlbeteiligung – beides dürfte den Splitterparteien zugute kommen. Da bei der Europawahl das Verhältniswahlrecht gilt, ist dies die Stunde der Splitterparteien: Nicht weniger als 26 sind angetreten, zählt man Obskuritäten wie die „Römerpartei Ave“ hinzu. Bei den europakritischen Parteien ist die Auswahl besonders groß. Sie reicht von der linken Gewerkschaftsgründung „NO2EU“ über die Englischen Demokraten zur rechtsradikalen Britischen Nationalpartei BNP. Vor allem die BNP und die konsequenteste Partei der Europagegner, die „UK Independence Party“ (UKIP), werden wohl von der Unzufriedenheit der Wähler profitieren. Die BNP hofft, mit bis zu sieben Abgeordneten ins Europaparlament einzuziehen. Die UKIP, die bei den letzten Europawahlen im Jahr 2004 mit 16 Prozent die Liberaldemokraten auf den vierten Platz verdrängte, hat durch die Spesenaffäre sprunghaft an Popularität gewonnen. Matthias Thibaut

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