zum Hauptinhalt

Große Koalition: Merkel lobt "solide Normalität"

Knapp ein Jahr nach Amtsantritt hat die große Koalition aus Sicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Tritt gefasst. Opposition, Wirtschaft und Umweltschützer kritisierten dagegen die Arbeit des Bündnisses.

Berlin - Vom "emotionalen Honeymoon bis an die Grenze der Frustration" habe man "die ganze Bandbreite von Stimmungen erlebt", bilanzierte Merkel am Wochenende. Nun seien Union und SPD "in einer soliden Normalität angekommen". Derweil erneuerte der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) seine Forderung, die Union solle endlich ihr Profil in der Koalition schärfen.

Koch betonte, das Regierungsbündnis mit der SPD sei zwar die einzig richtige Konsequenz aus dem Ergebnis der Bundestagswahl gewesen. Es müsse für die Bürger aber klar werden, dass die Konzepte der beiden Parteien in sehr prinzipiellen Fragen keineswegs identisch seien. Die CDU müsse überlegen, wie sie einen größeren Anteil an Vertrauen in der Bevölkerung gewinnen könne. Dazu gehörten auch klare Positionen wie die Forderung nach einem flexibleren Arbeitsmarkt, die aber mit der SPD nicht umsetzbar sei.

"Politische Nullnummern"

Derweil warnte Kanzleramtschef Thomas de Maizière vor einem Abgrenzungskurs auf Kosten der Sozialdemokraten. "Es ist ein Irrglaube, dass es einem selber gut geht in einer Koalition, wenn man den anderen schlecht macht", sagte er. Der Vertrauensverlust in die Arbeit der großen Koalition sei auch auf überzogene Erwartungen der Wähler zurückzuführen.

Für die Grünen sind große Koalitionen indes schon von der Anlage her "politische Nullnummern". Sie beschränkten sich bei ihren Reformen jeweils auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, sagte Roth. Kritisch bewertete sie nicht nur die vereinbarte Gesundheitsreform, sondern wies auch die geplante Erhöhung der Mehrwertsteuer im kommenden Jahr sowie die Pläne für eine Rente mit 67 Jahren zurück.

FDP-Chef Guido Westerwelle stellte Schwarz-Rot ebenfalls ein miserables Zeugnis aus. "Ist das eigentlich ein Jahr Schwarz-Rot oder sind es eher acht Jahre Rot-Grün?", fragte er. Bei der Steuerpolitik sei die Koalition sogar noch "schlimmer" als die Vorgängerregierung. Und die als Rettung für die Sozialkassen verkündete Rente mit 67 sei nichts anderes als "eine heimliche Rentenkürzung". Kritik im Detail kam auch vom Direktor am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Gerd Wagner, der für einen flexibleren Umgang mit dem Renteneinstiegsalter plädierte.

Deutsches Handwerk zieht positive Bilanz

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) zog indes eine weitgehend positive Bilanz. Die Bundesregierung habe einen wichtigen Anteil daran, dass das Handwerk nach fünf Jahren Rezession erstmals wieder ein Wachstum ausweise, sagte Handwerkspräsident Otto Kentzler, der zugleich vor höheren Steuern warnte. Differenziert fiel auch das Fazit des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). "Während die eingeschlagene Richtung bei der Föderalismusreform, beim Elterngeld, bei der Rente mit 67 und beim Mittelstandsentlastungsgesetz stimmte, ist die Regierung inzwischen bei anderen Reformwerken auf dem Irrweg", sagte DIHK-Präsident Ludwig Georg Braun.

In Umweltfragen bescheinigte der Nabu den Koalitionsparteien eine "mäßige Öko-Bilanz". Verbandspräsident Olaf Tschimpke lobte zwar Fortschritte im Naturschutz und den Ausbau erneuerbarer Energien. "Völlig unakzeptabel" sei aber der durch die Föderalismusreform gestartete Länderwettlauf um die niedrigsten Umweltstandards.

CSU-Chef Edmund Stoiber wies Pauschalkritik zurück: Nicht nur die Arbeitslosigkeit sinke auf breiter Front, auch die Sanierung des Bundeshaushalts komme zügig voran. "Ein Jahr nach dem Start der großen Koalition kann man feststellen: Die Regierung hat Tritt gefasst, und bei den Kernproblemen unserer Landes geht es vorwärts." (Von André Spangenberg, ddp)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false