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Große Koalition: Offiziell bleibt die Union friedlich

Die offen zur Schau gestellte Liebäugelei der SPD mit der Linken in Hessen lässt die Unions-Politiker In Berlin augenscheinlich kalt. Zeitungsberichte, die besagen, dass die große Koalition vor dem Ende steht werden offiziell nicht kommentiert. Schwächt sich die Union damit am Ende selber?

Von Robert Birnbaum

Berlin - Die Geschichte liest sich schmissig, und bei oberflächlicher Betrachtung klingt sie sogar plausibel – nur, sagen alle, die es wissen müssten: Sie stimmt nicht. Die Geschichte, Version „Bild“-Zeitung, besagt, dass Angela Merkel und ihr Fraktionschef Volker Kauder am vorigen Mittwoch das „Ende der Friedenspflicht“ in der großen Koalition für den Fall vereinbart hätten, dass die SPD in Hessen mit der Linken gemeinsame Sache macht. Amtlich reagiert keiner der Beteiligten auf den Bericht. Nicht amtlich heißt die Antwort schlicht „Unsinn“. Weder beim Routinetreffen der Unionsminister und der Fraktionsspitzen mit Merkel am Mittwoch noch vorher noch nachher sei zwischen den beiden eine derartige Kriegserklärung an die SPD ausgesprochen worden.

Auch wenn sie der grimmigen Stimmung sicher entsprechen würde, die das Liebäugeln des SPD-Chefs Kurt Beck mit der Linkspartei bei vielen Unionspolitiker auslöst – eine Stimmung, in der ein ehrgeiziger Hinterbänkler wie der CSU- Europapolitiker Markus Ferber sogar schon fordert, Merkel müsse der SPD im Fall des Falles den Stuhl vor die Tür setzen. In der Unionsführung gilt aber ein aktiver Bruch oder auch nur eine von CDU und CSU betriebene Sabotagehaltung innerhalb des Bündnisses als undenkbar. „Wie sollten wir das denn begründen?“ fragt ein Regierungspolitiker der Union. Auch werde Merkel nicht ihren Kanzlerbonus dadurch aufs Spiel setzen, dass sie sich tief ins Parteiengezänk ziehen lasse.

Zugleich geht die Unionsführung aber fest davon aus, dass das Koalitionsklima noch einmal erheblich rauer wird – und zwar unabhängig vom Wahlausgang in Hamburg. Denn Beck werde seinen Kurs hin zur Linkspartei und damit die Abkehr von einst gemeinsam formulierten Zielen unbeeindruckt von Widerspruch aus der eigenen Partei fortsetzen. Der ist am Wochenende noch einmal deutlicher geworden; SPD-Vize Peer Steinbrück versicherte in der „Bild am Sonntag“, seine Partei dürfe „und wird“ nicht ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen, wenn sich Hessens Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti entgegen allen Versicherungen von der Linken zur Ministerpräsidentin wählen ließe. Doch nicht nur in der SPD, auch in der Union glaubt niemand, dass Steinbrück die Machtfrage stellen könnte: Selbst ein massiver Einbruch der SPD am Sonntag in Hamburg werde Beck daher nicht aufhalten.

Zur Probe aufs Exempel dürfte ein Termin werden, mit dem Kauder und sein SPD-Kollege Peter Struck ursprünglich beweisen wollten, dass die große Koalition nach den Wahlen zur Tagesordnung zurückkehrt. Doch nach dem Stand der Vorbereitungen für die zweitägige Tagung der Fraktionsvorstände von CDU/CSU und SPD ab Dienstag in Bonn zu schließen, wird daraus eher eine Dokumentation des Zwists. bib

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