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Große Koalition: Vertrauen war einmal

Unions-Stratege Röttgen attestiert der SPD-Spitze Kontrollverlust, CSU-Mann Ramsauer sieht einen "Amoklauf“. Der Zustand der großen Koalition ist bitter.

Der eine liefert die kühle Analyse, der andere den hitzigen Wahlkampfton: Norbert Röttgen (CDU), Parlamentarischer Fraktionsgeschäftsführer und Peter Ramsauer, CSU-Landesgruppenchef, haben die gleiche Botschaft, als sie am Dienstagmorgen die üblichen Presserunden abhalten: Nach der Nominierung von Gesine Schwan ist der Zustand der großen Koalition bitter, regiert wird trotzdem weiter.

Röttgen bescheinigt der SPD ein Führungsvakuum, einen Kurswechsel in Richtung Linkspartei und eine „fundamentale Glaubwürdigkeitskrise“, die bisher nur ein Problem des SPD-Vorsitzenden war. „Wenn eine Partei ihre Selbstaufgabe als Volkspartei betreibt, dann ist das eine Belastung für die Zusammenarbeit.“ Röttgen, der sichtlich um „das richtige Maß“ ringt, beantwortet die Krise der SPD mit der Formel, nun müsse der Wählerauftrag von 2005 „mit Anstand zu Ende“ geführt werden. Nein, zu Ende sei die Zusammenarbeit nicht, aber „beeinträchtigt“. Jede Koalition beruhe auch darauf, „dass das gegebene Wort gilt“. Nach den Signalen aus der Partei- und Fraktionsspitze der SPD zunächst für Köhler könne man sich nach dem Schwenk zu Schwan auf die SPD-Führung nicht mehr verlassen: „Die Partei und die Fraktion sind ihnen entglitten.“

Über den „eigensinnigen Amoklauf der SPD gegen die Mehrheit der Deutschen“ poltert Ramsauer. „Der Dämon zeigt hier schon seine wahre Fratze“, kommentiert er eine Äußerung von Dietmar Bartsch, Bundesgeschäftsführer der Linken, zur möglichen Wahl von Schwan. Ramsauer legt kräftig drauf: „Und die SPD ist bereit, ihre Seele an diesen Dämon zu verkaufen“. Aber: „Die Union ist vertragstreu“.

Wortgewaltige Überzeichnungen gehören zu Peter Ramsauers Rolle in Berlin, niemand legt sie hier auf die Goldwaage. Doch wie der Analytiker Röttgen nimmt auch Ramsauer insVisier, dass die Zusammenarbeit der beiden Koalitionsparteien einen gewaltigen Knacks erlitten habe. Im Zentrum Fraktionschef Peter Struck, der bisher mit Unionsfraktionschef Volker Kauder eine feste Achse gebildet hat, Struck habe sich mehrfach positiv über Köhler geäußert. Ramsauer sieht nun „überhaupt keinen Funken Verlässlichkeit“ mehr. Was gelten Zusagen des SPD-Fraktionschefs noch? Sie könnten „generell nicht mehr garantiert werden“. tib

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