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Kriminalität im Kontext von Zuwanderung

© Gestaltung: Tagesspiegel/Dessin; Fotos: freepik (3)

Große Unterschiede zwischen Zuwanderungsländern : Die fünf wichtigsten Erkenntnisse aus dem Lagebild des BKA

Das Lagebild zu „Kriminalität im Kontext von Zuwanderung“ zeigt extreme Unterschiede nach Herkunftsländern und steigende Gewaltdelikte. Doch die Interpretation der Zahlen ist umstritten.

Stand:

Das Bundeskriminalamt (BKA) hat das Lagebild „Kriminalität im Kontext von Zuwanderung“ für das Jahr 2024 veröffentlicht. Zuwanderer machen der Datenauswertung des BKA zufolge knapp neun Prozent aller Tatverdächtigen aus. Von den mehr als 1,9 Millionen Tatverdächtigen insgesamt waren im Jahr 2024 rund 172.200 Zuwanderer (8,8 Prozent), 697.000 besaßen nicht die deutsche Staatsbürgerschaft (35 Prozent). Als Zuwanderer werden im BKA-Bericht tatverdächtige Personen mit folgenden Aufenthaltsanlässen geführt: Asylbewerber, Schutz- und Asylberechtigte, Kontingentflüchtlinge, Geduldete sowie Personen mit unerlaubtem Aufenthalt.

Die Kriminalitätsstatistik zeigt extreme Unterschiede zwischen Zuwanderern verschiedener Herkunftsländer: Während Ukrainer weit unterrepräsentiert sind, stellen Nordafrikaner einen überproportional hohen Anteil der Tatverdächtigen. Zudem steigt die Zahl der Gewaltdelikte deutlich an – obwohl die Gesamtzahl der Straftaten sinkt.

Der Rückgang der Gesamtzahl um 3,8 Prozent ist allerdings vor allem auf die Cannabis-Teillegalisierung zurückzuführen und macht Vorjahresvergleiche schwierig.

Das sind die fünf wichtigsten Erkenntnisse aus dem BKA-Lagebild:

1 Extreme Unterschiede nach Herkunftsländern

Besonders auffällig ist die Überrepräsentation von Tatverdächtigen aus den Maghreb-Staaten Algerien, Marokko und Tunesien. Während diese Nationalitäten zusammen nur 0,5 Prozent aller Geflüchteten in Deutschland stellen, machen sie 9,1 Prozent der tatverdächtigen Zuwanderer aus. Von den algerischen Tatverdächtigen waren 62,6 Prozent Mehrfachtäter, von den marokkanischen 58,6 Prozent und von den tunesischen 57,1 Prozent.

Gegenteilig verhält es sich bei ukrainischen Geflüchteten: Sie stellen 35,7 Prozent aller Geflüchteten, aber nur 12,8 Prozent der Tatverdächtigen – eine deutliche Unterrepräsentation.

2 Mehrfachtäter: 77 Prozent aller Straftaten

Insgesamt geriet fast ein Drittel (31,8 Prozent) der tatverdächtigen Zuwanderer mehrfach mit dem Gesetz in Konflikt. Diese vergleichsweise kleine Gruppe wurde allerdings bei 77 Prozent aller Straftaten mit Zuwandererbeteiligung erfasst. Bei Staatsangehörigen aus Maghreb-Staaten, Libyen und Georgien war etwa jeder Zweite mehrfachtatverdächtig.

3 Gewaltdelikte steigen trotz Gesamtrückgang

Während die Gesamtzahl der Straftaten mit Zuwandererbeteiligung um 3,8 Prozent sank, verzeichneten Gewaltdelikte deutliche Anstiege: Rohheitsdelikte nahmen um 4,9 Prozent zu, Straftaten gegen das Leben um 8,9 Prozent. Über zwei Drittel der Rohheitsdelikte waren Körperverletzungen.

Gleichzeitig stieg die Zahl der Zuwanderer als Opfer von Straftaten um 5,2 Prozent auf 70.051 Fälle. Etwa die Hälfte der Opfer stammte aus Syrien, der Ukraine und Afghanistan. Den stärksten Anstieg verzeichneten türkische Opfer mit plus 42,6 Prozent – hauptsächlich bei Körperverletzungsdelikten. Zuwanderer sind damit nicht nur Täter, sondern häufig auch Opfer von Straftaten.

4 Tatverdächtige: Jung und männlich

82,9 Prozent der tatverdächtigen Zuwanderer sind männlich, 57,1 Prozent jünger als 30 Jahre. Besonders die Altersgruppe der 21- bis 30-Jährigen ist mit 32,2 Prozent bei tatverdächtigen Zuwanderern deutlich überrepräsentiert – in der Gesamtbevölkerung macht diese Altersgruppe nur 20,1 Prozent aus, bei den Geflüchteten 17,9 Prozent.

5 Rechte Gewalt: Angriffe auf Asylunterkünfte nehmen zu

Das BKA registrierte 3707 Fälle politisch motivierter Kriminalität mit „Ausländer-/Asylthematik“ – ein Plus von 15,6 Prozent. Der seit 2022 zu beobachtende Anstieg bei Straftaten gegen Asylunterkünfte setzte sich auch 2024 fort.

Aussagekraft der Daten teils fraglich

Die Interpretation des Bundeslagebilds ist umstritten. Kritiker bemängeln erhebliche methodische Einschränkungen: Das Lagebild erfasst nur das polizeilich bekannt gewordene „Hellfeld“ der Kriminalität – Aussagen über die Dunkelziffer von Straftaten sind nicht möglich.

Zudem wird die Aufenthaltsdauer der Tatverdächtigen nicht erfasst. Es ist also nicht ersichtlich, wie lange die Personen bereits in Deutschland sind oder ob es sich um kürzlich Eingereiste handelt. Außerdem führt ein Tatverdacht nicht immer zur rechtmäßigen Verurteilung. Die Cannabis-Teillegalisierung schränkt zudem die Vergleichbarkeit mit Vorjahren deutlich ein.

Korrekturhinweis: Im Text entstand ein falscher Eindruck zur Gesamtmenge der Tatverdächtigen mit nichtdeutscher Staatsbürgerschaft. Die Stelle wurde korrigiert.

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