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Eine irakische Spezialeinheit östlich von Mossul.

© dpa/AHMED JALIL

Großoffensive auf Mossul: Militär erobert Karakosch von IS zurück

Die Großoffensive auf Mossul zeigt erste Erfolge. Viele Menschen haben den Rückzug des IS aus der früher fast ausschließlich von Christen bewohnten Stadt Karakosch gefeiert.

Am zweiten Tag der Großoffensive auf die IS-Hochburg Mossul melden irakische Sicherheitskräfte weitere Geländegewinne gegen die Extremisten. Die Armee rückte am Dienstag nach eigenen Angaben kampflos in die früher fast ausschließlich von Christen bewohnte Stadt Karakosch südöstlich von Mossul ein. Die Anhänger der Terrormiliz seien zuvor aus dem Ort geflohen, erklärte ein Militärsprecher. In anderen Gebieten mussten die Sicherheitskräfte hingegen mehrere Gegenangriffe abwehren.

Karakosch war einst eine der größten christlichen Städte im Irak. Die IS-Extremisten hatten den Ort vor mehr als zwei Jahren eingenommen, nachdem sich kurdische Peschmerga von dort zurückgezogen hatten. Zehntausende Christen flohen damals vor den Extremisten. Hunderte Christen feierten die Befreiung von Karakosch. "Heute ist ein glücklicher Tag. Es gibt keinen Zweifel, dass unsere Heimat befreit wird, und wir danken Gott, Jesus Christus und der Jungfrau Maria", sagte einer der Feiernden, Hasem Dschedschu Cardomi, am Dienstag in einer Kirche der kurdischen Regionalhauptstadt Erbil. George Dschahola, ein christlicher Flüchtling aus Karakosch, sagte bei den Feiern in Erbil, auch wenn ihre Häuser zerstört seien, wollten die Einwohner in ihre Heimatstadt zurückkehren.

Vor der Blitzoffensive der IS-Miliz im August 2014 lebten rund 50.000 Menschen in Karakosch, die meisten von ihnen Christen, doch zwang der Vormarsch der sunnitischen Extremistengruppe praktisch alle Einwohner zur Flucht.

Mossul ist die letzte Bastion des IS im Irak

Angesichts der Großoffensive bat der irakische Außenminister die internationale Gemeinschaft um weitere Unterstützung. „Wir befinden uns in einer finanziell schwierigen Situation“, sagte Ibrahim al-Dschafari nach einem Treffen mit der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini am Dienstag in Brüssel. Die Öleinnahmen des Landes seien derzeit eingeschränkt, deshalb sei jegliche Unterstützung - finanzieller oder anderer Art - willkommen. „Der Erfolg der Militärkampagne wird sich positiv auf die Sicherheit im Irak und im Rest der Welt auswirken“, sagte al-Dschafari weiter.

Mossul ist die letzte Bastion des IS im Irak. Armee, kurdische Peschmerga-Kämpfer und lokale sunnitische Milizen hatten am Montag eine lang erwartete Großoffensive auf die Stadt begonnen und erste Orte eingenommen. Der Sprecher der US-Streitkräfte, John Dorrian, erklärte über Twitter, Armee und Peschmerga hätten ihre Ziele bisher im oder vor dem Zeitplan erreicht. Sollte Mossul vom IS befreit werden, wäre die Terrormiliz im Irak militärisch weitgehend besiegt.

Wie Pentagon-Sprecher Jeff Davis sagte, sind rund 100 US-Soldaten direkt in Einheiten der irakischen Streitkräfte und der Peschmerga integriert, um diese zu beraten. Zu ihren Aufgaben zähle auch, Informationen der Iraker über mögliche Angriffsziele an die Koalition weiterzugeben. Davis betonte jedoch, dass sie sich hinter der Frontlinie befänden. Das von Washington angeführte Anti-IS-Bündnis unterstützt die Regierungstruppen und Peschmerga-Kämpfer mit Luftschlägen, Artillerie und Ausbildung.

Kremlchef Wladimir Putin sicherte dem irakischen Ministerpräsidenten Haidar al-Abadi am Dienstagabend in einem Telefonat Russlands Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus zu. Putin wünschte dem Irak einer Mitteilung des Kremls zufolge Erfolg bei der Rückeroberung von Mossul.

Steinmeier fordert Planungen für Zeit nach Befreiung

US-Präsident Barack Obama bezeichnete den Militäreinsatz als „schwierigen Kampf“. „Es wird Fortschritte und Rückschläge geben“, sagte er am Dienstag nach Gesprächen mit dem italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi im Weißen Haus.

„Unsere Absicht ist es, ISIL aus ihrer größten urbanen Hochburg zu drängen“, sagte Obama. ISIL ist eine andere Bezeichnung für den Islamischen Staat. Obama räumte ein, dass es zu einer humanitären Krise kommen könnte, weil die Terrormiliz die Menschen aushungere. „Es wird Leute geben, die aus ihren Häusern fliehen“, sagte Obama. Die Koalition habe gemeinsam mit den Vereinten Nationen und großen Hilfsorganisationen Pläne zur Begegnung einer humanitären Katastrophe vorbereitet, die genauso umfangreich seien, wie die militärischen Pläne. Es könne zu „herzzerreißenden Situationen“ kommen. „Es ist nicht etwas, das ich als einfach einschätzen würde“, sagte Obama.

Pentagon-Sprecher Davis sagte, die Terrormiliz benutze Zivilisten als menschliche Schutzschilde und halte sie gegen ihren Willen in der Stadt fest.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte, man müsse bereits jetzt über die Zeit nach der Offensive nachdenken. „Auch wenn wir nicht wissen, wie lange die Befreiung von Mossul vom IS dauern wird: Es ist wichtig, jetzt bereits für den Tag danach zu planen“, sagte Steinmeier der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Man müsse schnell handeln, damit die Vertriebenen Vertrauen schöpften, zurückkehrten und damit „wir ihnen konkrete Perspektiven für ihr Leben in ihrer befreiten Stadt und den Wiederaufbau anbieten können.“

Am Donnerstag wollen Frankreich, der Irak und weitere Partner in Paris über die künftige Stabilisierung der umkämpften Stadt Mossul beraten. Mehr als 20 Länder und Organisationen sollten an dem Treffen teilnehmen, wie das französische Außenministerium am Dienstag mitteilte. (dpa/AFP)

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