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Rot-grüner Wahlkampf. In der Gesundheitspolitik möchte die Opposition vieles wieder rückgängig machen.

© dpa

Grüne revanchieren sich: Flunkern im Wahlprogramm

Wegen falscher Wahlkampfaussagen prozessieren die Grünen gegen die CSU. Doch selber nehmen sie es mit der Wahrheit auch nicht so genau.

Aus ihrer juristischen Niederlage gegen falsche Wahlkampf-Behauptungen von CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt haben die Grünen offenbar Konsequenzen gezogen. In ihrem „Kurzwahlprogramm“ behaupten sie nun einfach ebenfalls etwas über den politischen Gegner, was nicht stimmt.

Schwarz-Gelb habe „in der gesetzlichen Krankenversicherung einen fatalen Wechsel eingeleitet“, heißt es dort auf Seite 22. Und dann, nach einem Doppelpunkt: „Die Beiträge werden nicht mehr zur Hälfte zwischen Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aufgeteilt.“ Die letztgenannte Tatsache ist richtig, die Schuldzuweisung jedoch schlicht falsch. Den zusätzlichen Beitragssatz von 0,9 Prozentpunkten nur für Arbeitnehmer nämlich gibt es seit Juli 2005. Der Abschied von der bisher praktizierten Beitragsparität wurde unter Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) vollzogen, mithin von einer rot-grünen Regierung. Und auch die Erfindung der von den Arbeitnehmern allein zu zahlenden Zusatzbeiträge, die in diesem Zusammenhang ebenfalls dem feindlichen Lager zugeschrieben wird, geht nicht auf die Kappe von Schwarz-Gelb. Verantwortlich dafür ist die große Koalition, denn bei der Gesundheitsreform 2007, die den Krankenkassen das Einfordern von Zusatzbeiträgen ermöglicht hat, war die SPD noch mit im Regierungsboot.

"Semantisch ungeschickt"

Bei den Grünen verweist man nun ein wenig verlegen darauf, dass der Schuldzuweisung ja eine längere Aufzählung folge, gipfelnd in der Feststellung, dass die Arbeitnehmer künftig „alle Kostensteigerungen im Gesundheitswesen allein übernehmen“ sollten, „und zwar unabhängig vom Einkommen“. Das sei es, was man Union und FDP vorwerfe, sagt Grünen-Sprecher Andreas Kappler. „Semantisch vielleicht ein wenig ungeschickt“, wie er zugibt. Im ausführlichen und fast 340 Seiten umfassenden Wahlprogramm der Grünen findet sich die falsche Bezichtigung jedenfalls nicht.

Bei den Vorwürfen anderer ihnen gegenüber nimmt es die Ökopartei genauer. Gegen CSU-General Dobrindt strengte sie sogar einen Prozess an, den sie aber im Juni in erster Instanz verlor. Dobrindt hatte im „Bayernkurier“ behauptet, dass die Grünen mit ihren Steuerplänen auch Familien mit geringerem Einkommen abkassieren wollten. Durch die geplante Abschaffung des Ehegattensplittings werde „die Alleinverdiener-Familie mit zwei Kindern und einem Brutto-Einkommen von 3000 Euro (...) um mehr als ein Monatsgehalt – nämlich über 3500 Euro – belastet“, schrieb der CSU-Politiker.

Die Grünen warfen ihm daraufhin vor, Falschinformationen zu streuen und „die Grenzen der politischen Auseinandersetzung“ zu überschreiten. Zum einen sei keine Abschaffung des Splittings vorgesehen, zum anderen hätten Familien durch die Pläne sogar Entlastungen zu erwarten. Das Landgericht Berlin befand aber, Dobrindts Äußerungen seien durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Grundlage des Textes sei „die wahre Tatsache“, dass die Grünen das Splitting langfristig abschaffen wollten. Die Unterlegenen wollten das nicht hinnehmen. Sie kündigten an, in die nächste Instanz zu gehen.

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