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Politik: Grüne wollen Bund-Länder-Reform in größerer Runde

Für Föderalismus-Konvent / Sager: Wir müssen im Verhältnis von Bundestag und Bundesrat den Zwang zum Minimalkonsens beseitigen

Berlin. Grüne und SPD sind uneins, wie mit der Reform des Föderalismus weiter zu verfahren ist. Im Gegensatz zu SPD-Fraktionschef Franz Müntefering, der nur eine 32-köpfige Verhandlungskommission von Bundestag und Bundesrat einsetzen will, plädiert Grünen-Fraktionschefin Krista Sager für ein größeres Gremium. Man solle für die weitere Debatte eher eine Konventslösung suchen, forderte sie am Dienstag in Berlin. Auch Bundesregierung, Vertreter der Landesparlamente und der Kommunen sollten in diesem Konvent vertreten sein, Experten müssten eingebunden werden. Zudem könne die Reform, die Sager als eines der größten anstehenden Reformprojekte bezeichnete, nicht in einem halben Jahr durchgezogen werden. Doch sagte sie: „Das Thema brennt auf den Nägeln, es muss dringend etwas in Bewegung kommen.“ Bundesregierung und Länderregierungen verhandeln bereits seit Monaten und wollten ursprünglich bis zum Jahresende einen Entwurf für die Reform vorlegen.

Sager sagte, im Ziel seien sich alle Beteiligten einig. „Es muss darum gehen, Zuständigkeit und Verantwortung wieder klarer zu fassen.“ Das Verhältnis von Bundestag und Bundesrat müsse so verändert werden, dass es zu weniger Blockaden komme und der „Zwang zum Minimalkonsens“ beseitigt werde, der bei unterschiedlichen Mehrheiten herrsche. „Die Zustimmungspflicht muss reduziert werden.“ Im Gegenzug könnten laut Sager die Länder wieder mehr Freiräume für eigene Gesetzgebung erhalten. Dazu könne es den Ländern überlassen werden, wie sie Bundesgesetze verwaltungstechnisch ausführen. Zudem wollen die Grünen die Reformdebatte nutzen, um mehr Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürger, etwa über Volksentscheide, im Grundgesetz zu verankern.

Im Bundesrat wollen die Grünen den Abstimmungsmodus ändern. Künftig solle dort die relative Mehrheit genügen, bislang bedarf es der absoluten Mehrheit, die häufig nicht zu Stande kommt, weil sich Länder wegen Differenzen innerhalb der Koalition enthalten. Enthaltungen aber werden in der Länderkammer wie Nein-Stimmen gewertet. Sager gestand zu, dass ihr Vorschlag darauf hinauslaufe, den Einfluss der kleinen Parteien zu beschneiden. „Aber es wächst dadurch der Druck auf die Kabinette, sich zu entscheiden“, sagte die Fraktionschefin.

Die Forderungen der Länder, die weitaus größere Spielräume bei der Gesetzgebung wollen, bezeichnete Sager als zu weit gehend. Sie warnte davor, das eine gesetzgeberischer „Flickenteppich“ entstehe, wenn die Länder nach eigenen Vorstellungen von Bundesgesetzen abweichen dürften. Zwar sei ein solches Abweichen etwa durch Experimentierklauseln durchaus zu begrüßen. Doch sollten abweichende Gesetze zeitlich befristet sein. Maßstab für die Reform müsse der Verfassungsgrundsatz der gleichwertigen Lebensverhältnisse sein. „Einheitliche Standards sind ein Standortvorteil“, sagte Sager, die dabei ausdrücklich auf das Umweltrecht verwies. Dieses wollen die Länder zum Teil wieder selbst gestalten.

Die Neugliederung der Länder als Thema in die Reformgespräche einzubringen, lehnte Sager ab – im Gegensatz zur Bundesregierung, die Länderfusionen ausdrücklich als Gegenstand der Reform benannt hat. Für eine Neugliederung brauche es den Konsens von unten, sagte Sager, die früher in Hamburg Finanzsenatorin war.

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