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Politik: Grüne wollen Clements Arbeitslosenpläne ändern

Kommunen sollen Zuständigkeit nicht an Bundesanstalt abgeben / Zahl der Sozialhilfeempfänger deutlich gestiegen

Von Antje Sirleschtov

Berlin. Bei der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe schwinden die Erfolgsaussichten für die Pläne von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD), die Bundesanstalt für Arbeit (BA) zum zentralen Anlaufpunkt für alle Langzeitarbeitslosen zu machen. Kurz vor der ersten Beratung des Hartz-IV-Gesetzes im Bundesrat am Freitag wurde deutlich, dass das Konkurrenzmodell des hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch, die Verantwortung für die Langzeitarbeitslosen den Kommunen zu übertragen, größere Bedeutung erfahren wird, als Clement erwartet hat. „Die Kommunen müssen auf gleicher Augenhöhe eingebunden werden“, gab die Arbeitsmarktexpertin der Grünen, Thea Dückert zu bedenken. Clements Gesetzentwurf bedürfe in dieser Hinsicht einer Überarbeitung. Sonst bestehe die Gefahr, dass die „große Kompetenz der Kommunen bei der Betreuung von Sozialfällen“ verloren gehe.

Indirekt bestätigte die Grünen-Politikerin auch die Kritik der Union am Clement-Konzept, die Nürnberger Behörde werde durch dieses Gesetz zu einer gewaltigen Sozialbehörde aufgebaut. Es sei „absurd“, sagte Dückert, wenn die Kommunen ihr Personal entlassen müssten, wenn die arbeitsfähigen Sozialhilfeempfänger in Zukunft Arbeitslosengeld II erhielten, und die BA zusätzlich rund 12000 neue Mitarbeiter einstellen will. Die Grünen suchen deshalb jetzt nach einem Gesellschaftsmodell, mit dem Arbeitsämter und Kommunen gleichberechtigt Job-Center gründen können. Die Finanzierung von Langzeitarbeitslosen soll jedoch beim Bund bleiben.

Zu einer solchen Lösung – mehr Verantwortung auf Länder- und Kommunalebene und Finanzierung durch den Bund (möglicherweise über die BA) – tendieren offenbar nicht nur unionsgeführte Länder und das SPD-regierte Schleswig-Holstein. Einen „geistigen Umschwung“ erkannte der hessische Bundesratsminister Jochen Riebel (CDU) am Donnerstag „auch in Berlin“.

Wie drängend eine Lösung des Problems Langzeitarbeitslosigkeit ist, zeigt die Sozialhilfestatistik des vergangenen Jahres. Ende 2002 bezogen rund 2,76 Millionen Menschen eine laufende Hilfe zum Lebensunterhalt. Das waren 2,2 Prozent mehr als im Vorjahr und kostete den Steuerzahler insgesamt 21,9 Milliarden Euro – eine Steigerung um 3,3 Prozent.

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