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Politik: Grüne wollen jetzt doch den Ausschuss zur BND-Affäre Roth: Vorwurf gegen uns ist damit vom Tisch Koalition gegen „Spektakel“ / FDP überlegt noch

Berlin - Die Grünen wollen zur Aufklärung fragwürdiger Praktiken deutscher Sicherheitsbehörden im Anti-TerrorKampf nun doch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Eine Spitzenrunde aus Partei- und Fraktionsführung sowie Fachpolitikern sprach sich am Freitag einstimmig für die Einsetzung aus.

Berlin - Die Grünen wollen zur Aufklärung fragwürdiger Praktiken deutscher Sicherheitsbehörden im Anti-TerrorKampf nun doch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Eine Spitzenrunde aus Partei- und Fraktionsführung sowie Fachpolitikern sprach sich am Freitag einstimmig für die Einsetzung aus. Ob der Bundestag den Untersuchungsausschuss beschließt, hängt nun von der Haltung der FDP ab. Ihre Fraktion will darüber am 7. März entscheiden. Für die Einsetzung des Gremiums ist ein Quorum von einem Viertel der Abgeordneten erforderlich. Die Linksfraktion fordert diesen Schritt schon lange.

Nach Angaben von Grünen-Fraktionschefin Renate Künast soll der Ausschuss nur ein begrenztes Mandat haben und seine Arbeit bis zum Sommer beenden. Das Gremium soll demnach weitere Aufklärung zum Einsatz zweier BND-Agenten im Irakkrieg und zu Gefangenenflügen der CIA über deutschem Luftraum liefern sowie wenige offene Fragen zur Verschleppung eines Deutsch-Libanesen klären. Mit ihrem Vorgehen wollen die Grünen vermeiden, sich dem Vorwurf der Unglaubwürdigkeit auszusetzen. „Ich bin absolut sicher, dass der Vorwurf, wir Grüne wollten nicht aufklären, damit endgültig vom Tisch ist“, sagte Parteichefin Claudia Roth dem Tagesspiegel. Ende Januar hatte die Parteispitze die Fraktionsführung öffentlich kritisiert, weil diese von der Forderung nach einem Untersuchungsausschuss abgerückt war.

Am Donnerstagabend hatte die Bundesregierung ihren vom Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) des Bundestages angeforderten Bericht vorgelegt. Die offene Fassung hat nur 90 Seiten, darin fehlen die Kapitel zu al Masri sowie auch zu Reisen deutscher Beamter zur Befragung von Terrorverdächtigen im US-Gefangenenlager Guantanamo und in Syrien. Die gekürzte Veröffentlichung geht auf Bedenken des Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar zurück. „Vielleicht hätte man schon beim Verfassen des Berichts die datenschutzrechtlichen Kriterien berücksichtigen können, die ich nach dem Gang der Dinge erst im Nachhinein der Bundesregierung mitteilen konnte“, sagte Schaar dem Tagesspiegel. Bei einer Umformulierung könnten womöglich weitere Sachverhalte veröffentlicht werden. Den 140 Seiten umfassenden geheimen Teil des Berichtes erhielten die 614 Bundestagsabgeordneten am Freitag mit dem Vermerk „VS – nur für den Dienstgebrauch“.

In dem geheimen Teil gibt die Regierung nach Tagesspiegel-Informationen eine weitere Befragung eines inhaftierten Terrorverdächtigen im kurdischen Teil des Iraks zu. Am 8. März 2004 führte ein Beamter des BND ein etwa einstündiges Gespräch mit dem Iraker. Dabei soll der Mann geklagt haben, er sei gefoltert worden. Der BND-Mitarbeiter habe allerdings keine Folterspuren entdeckt. Bekannt war bereits, dass der BND in den Kurdengebieten des Irak im Frühjahr 2004 den dort gefangen gehaltenen Iraker Jassin F. aufgesucht hatte.

Politiker von Union und SPD erklärten, sie hätten keine Einwände gegen eine vollständige Veröffentlichung des Berichts. SPD-Parlamentsgeschäftsführer Olaf Scholz sagte, er sei „aus allen Wolken gefallen“, als er von den Datenschutz-Einwänden erfahren habe. Einen Untersuchungsausschuss lehnt die Regierung ab. Scholz sagte: „Es gibt an ihm keinen Sinn, außer das Spektakel.“ Union und SPD sehen die offenen Fragen als aufgeklärt an.

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