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Politik: Grüne wollen schneller abschalten

Mangelnder Schutz gegen Terrorattacken: Betreiber alter Atomreaktoren sollen Sicherheitskonzepte vorlegen

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Berlin. Die Grünen unterstützen ausdrücklich die Forderung des Bundesamtes für Strahlenschutz, die fünf ältesten Atomreaktoren in Deutschland vom Netz zu nehmen, wenn sich herausstellt, dass die Anlagen keinen ausreichenden Schutz vor Terrorangriffen aus der Luft bieten. Nach der Vorstandssitzung am Montag sagte Parteichef Reinhard Bütikofer: „Je schneller diese Atomkraftwerke abgeschaltet werden, desto besser.“ Bütikofer forderte in erster Linie die Betreiber der Reaktoren, die Stromkonzerne Eon, RWE, EnBW und Vattenfall, auf, ihre Sicherheitskonzepte vorzulegen. Für den Fall, dass die Sicherheit der Alt-Reaktoren hinter den Anforderungen zurückbliebe, erinnerte Bütikofer daran, dass der Atomkonsens den Konzernen die Möglichkeit gebe, die Produktionsmengen stillgelegter Altanlagen auf konzerneigene Neuanlagen zu übertragen.

Ausdrücklich ermahnte Bütikofer die Bundesländer, ihrer Aufsichtspflicht nachzukommen. Die Länder hätten es abgelehnt, die Aufsicht über die Reaktorsicherheit dem Bund zu übertragen. „Nun müssen sie ihrer Verantwortung gerecht werden“, sagte Bütikofer. Für die Grünen sei die Sicherheit der Reaktoren „keine beiläufige Angelegenheit, die man auf die leichte Schulter nehmen kann“.

Die schleswig-holsteinische Sozialministerin Heide Moser (SPD) forderte Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) zum Handeln auf. Der Bund müsse Sicherheitskriterien für die Kraftwerke in Deutschland festlegen, verlangte Moser. Trittin hält eine vorzeitige Stilllegung von Atomkraftwerken, die besonders durch terroristische Angriffe gefährdet sind, grundsätzlich für möglich. Kapazitäten dieser Kraftwerke könnten auf andere übertragen werden, sagte Trittins Sprecher Michael Schroeren. Das Bundesamt für Strahlenschutz hatte empfohlen, fünf deutsche Akw vorzeitig vom Netz zu nehmen. Hintergrund ist eine Studie der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS), die Trittin nach dem Terroranschlag vom 11. September 2001 in Auftrag gegeben hatte. Darin schneiden sechs Akw älterer Bauart besonders schlecht ab, sollte ein Passagierflugzeug abstürzen. Eins davon ist das Akw Stade, das bereits vom Netz gegangen ist.

Generell seien die Betreiber der Anlagen und die Bundesländer für die Sicherheit der Atomkraftwerke verantwortlich, sagte Schroeren. Er wies Kritik zurück, das Umweltministerium habe den Bundestag über die mögliche Gefährdung der Kraftwerke nicht ausreichend informiert. Seit dem 10. Februar stünde die GRS-Studie den Mitgliedern des Umweltausschusses zur Einsicht zur Verfügung. Das Papier liege dem Ministerium seit Ende 2002 vor und sei am 30. Januar 2003 den Bundesländern zugeleitet worden. Die FDP-Umweltpolitikerin Birgit Homburger hatte zuvor kritisiert, dass die Studie seit einem Jahr „unter Verschluss gehalten“ werde. Umweltschützer und Atomkraftgegner sehen aber ohnehin nur ein Erfolg versprechendes Mittel gegen die Terrorgefährdung: das Abschalten der Reaktoren. Kein deutsches Akw würde den Absturz eines schweren, voll getankten Verkehrsflugzeuges überstehen, sagte der Atomexperte des BUND, Klaus Traube. „Das wäre eine Katastrophe wie in Tschernobyl.“

Es gebe keinen wirklichen Schutz vor einem Angriff. Der Atomexperte verweist darauf, dass vor dem 11. September auch andere Gefährdungsszenarien bekannt waren: etwa das Einschleusen von Terroristen ins Personal eines Atomkraftwerks. Die Atomkraftgegner der Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg forderten am Montag, auch die Sicherheit des Atommüll-Zwischenlagers Gorleben müsse geprüft werden.

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