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Grünen-Parteitag: Claudia sieht rot

Der Grünen-Parteitag hat begonnen und Chefin Claudia Roth attackiert erstmal kräftig die Große Koalition. Die Botschaft dahinter: Die Grünen bemühen sich um die Sozialschwachen, schwarz-rot glänzt durch "rassistische Hierarchisierung" in der Integrationspolitik.

Mit scharfen Angriffen auf die Bundesregierung hat Grünen-Chefin Claudia Roth ihre Partei auf die bevorstehenden Landtagswahlen in Hessen, Niedersachsen und Hamburg sowie die bayerischen Kommunalwahlen eingestimmt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe "mit engstirniger Lobbypolitik" beim Post-Mindestlohn Wortbruch begangen, sagte Roth in ihrer Auftaktrede auf dem Bundesparteitag der Grünen in Nürnberg. Zugleich warf sie der schwarz-roten Regierung Versagen beim Klimaschutz vor.

Die Grünen-Chefin hat die Politik der großen Koalition als "trauriges Wintermärchen" kritisiert. Dabei stelle der Rücktritt von Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD) den "Wintereinbruch" dar, sagte Roth vor rund 800 Delegierten des Grünen-Bundesparteitags. "Eiskalt geht es in dieser Berliner Zwangsehe zu. Schröders Basta ist jetzt der Eishauch der Kanzlerin", sagte die Grünen-Chefin zur Halbzeitbilanz von Schwarz-Rot. Die Bundespolitik brauche eine Rückkehr des Politischen und eine wirksame Opposition. Grüne Opposition meine aber nicht "stures Njet und Populismus à la Lafontaine oder opportunistische Wester-Wendigkeit eines Westerwelle", fügte sie hinzu.

Parteispitze fürchtet Abstimmungsdebakel

Mit Blick auf die mit Spannung erwartete Parteitagsdebatte zur Sozialpolitik am Samstag machte sich Roth nachdrücklich für den Antrag der Grünen-Führung stark, die "Hartz"-Leistungen zu einer umfassenden "Grundsicherung" für Bedürftige auszubauen. Sie werbe für eine Grundsicherung, die die "bittere Realität von 'Hartz IV'" überwinde und zugleich finanzierbar sei. Dabei seien in diesem Modell auch "wichtige Gedanken des Grundeinkommens" einbezogen.

Nach dem Willen der Parteiführung soll unter anderem der "Hartz IV"-Regelsatz von derzeit 347 Euro auf 420 Euro angehoben werden, was Parteiangaben zufolge rund 9,5 Milliarden Euro kosten würde. Mehrere Gegenanträge sehen dagegen die Einführung eines bedingungsloses Grundeinkommen für alle Bürger vor. Nach einer Vorlage der baden-württembergischen Grünen soll dazu ein einkommenssteuerfreies Grundeinkommen von zunächst monatlich 420 Euro für Erwachsene und 300 Euro für Kinder bis 18 Jahre eingeführt werden. Die Kosten für ein solches "partielles" Grundeinkommen beziffern Kritiker auf mindestens weitere 55 Milliarden Euro.

Den Grünen-Finanzexperten Oswald Metzger forderte Roth erneut zu einer Entschuldigung für seine umstrittenen Sozialhilfe-Äußerungen auf. Sozial Schwache verdienten keine "beleidigenden und entwürdigenden Stigmatisierungen". Roth fügte unter Applaus hinzu: "Oswald, ich denke, eine Entschuldigung ist hier bei diesem Parteitag überfällig." Metzger war mit den Worten zitiert worden, viele Sozialhilfe-Empfänger sähen "ihren Lebenssinn darin, Kohlenhydrate oder Alkohol in sich hineinzustopfen, vor dem Fernseher zu sitzen und das Gleiche den eigenen Kindern angedeihen zu lassen". (mit ddp/dpa)

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