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© dpa

Grünen-Politiker: ''Dany le Rouge'' will noch mal Geschichte schreiben

Mit 65 Jahren kämpft Daniel Cohn-Bendit nun für Rot-Grün in Frankreich. In Talkshows wird er schon ganz selbstverständlich gefragt, ob er sich um das Amt des Staatspräsidenten bewerben will. Der Barrikadenkämpfer von einst ist längst zum nüchternen Realpolitiker geworden.

Vor 42 Jahren leitete Daniel Cohn-Bendit die größte Protestaktion der französischen Nachkriegsgeschichte ein, als er mit rund 300 anderen Studenten die Universität im Pariser Vorort Nanterre besetzte. Sein „Appell vom 22. März 1968“ war der Auslöser der Studentenrevolte vom Mai 1968, die Frankreichs Gesellschaft nachhaltig verändert hat. Und nun will der umtriebige Grüne, der am Sonntag 65 Jahre alt wird, nochmal „die Geschichte in Bewegung bringen, so wie wir das vor Jahren getan haben“.

In einem neuen „Appell vom 22. März“ rief der in Frankreich wegen seiner einst feuerroten Haare „Dany le Rouge“ genannte Politiker am Dienstag vergangener Woche die französischen Grünen zu einer „politischen Kooperative“ mit Sozialisten und anderen Linken auf. Ermutigt wurde er zu diesem Vorstoß durch das gute Abschneiden der Grünen bei der Regionalwahl vom 21. März. Die Umweltschutzpartei brachte es auf 12,5 Prozent der Stimmen und regiert nun in fast allen der 26 französischen Regionen gemeinsam mit den Sozialisten.

Vom Barrikadenkämpfer zum nüchternen Realpolitiker

Grüne und Linke sollten bis Ende des Jahres ein gemeinsames Netzwerk aufbauen, forderte Cohn-Bendit in einem Beitrag für die Pariser Zeitung „Libération“. Zusammen sollten sie anschließend ein Programm für die nächsten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Jahre 2012 ausarbeiten. Nur so, so sein Credo, gebe es eine Chance, den Konservativen die Macht abzujagen.

Dass er mit diesem Vorschlag zunächst weder in den eigenen Reihen noch bei den Sozialisten auf einhellige Begeisterung stieß, ficht Cohn-Bendit wohl kaum an. Er weiß, dass er viel politisches Fingerspitzengefühl und strategisches Geschick brauchen wird, um die auseinander driftenden Strömungen innerhalb der französischen Grünen und Linken auf eine gemeinsame Linie zu bringen.

Daran fehlt es dem am 4. April 1945 im französischen Montauban geborenen Politiker freilich nicht. Denn aus dem einstigen Symbol der Rebellion ist im Laufe der Jahre ein nüchterner Realpolitiker geworden. Seine politischen Sporen verdiente sich der Sohn eines Berliner Anwalts und einer Französin in Deutschland, wohin er wegen seines deutschen Passes nach der Studentenrevolte vom Mai 1968 ausgewiesen wurde. Dort trat er 1984 den Grünen bei, wo er von Anfang an zu den Realos gehörte.

Grüne sind inzwischen fest als dritte politische Kraft etabliert

Ein Jahr später wurde Cohn-Bendit Berater seines engen Freundes und damaligen hessischen Umweltministers Joschka Fischer. 1989 übernahm Cohn-Bendit im Frankfurter Stadtrat einen Posten als Dezernent für Multikulturelle Angelegenheiten, fünf Jahre später zog er ins Europaparlament ein, damals auf einer deutschen Liste.

Seither wechselte der perfekt zweisprachige Politiker mühelos die Seiten: 1999 ließ er sich für die französischen Grünen wiederwählen, 2004 erneut für die deutschen. Bei der Europawahl im vergangenen Juni trat er wieder in Frankreich an und fuhr für die französischen Grünen das Traumergebnis von 16,3 Prozent der Stimmen ein. Damit ist die Umweltschutzpartei nun fest als dritte politische Kraft in Frankreich etabliert.

Und Cohn-Bendit wird in Interviews und Talkshows mittlerweile ganz selbstverständlich gefragt, ob er sich 2012 um das Amt des Staatspräsidenten bewerben will. Solche Ansinnen weist er mit dem Hinweis auf seinen deutschen Pass zurück - was seine Fans, die von einem endgültigen Triumph des einstigen Barrikadenkämpfers träumen, freilich nicht entmutigt. Schließlich sei es seit einigen Jahren kein Problem mehr, die doppelte deutsch-französische Staatsangehörigkeit zu erwerben, heißt es im Umfeld des 65-Jährigen. (AFP)

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