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Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen), Bundestagsvizepräsidentin

© dpa/Britta Pedersen

Update

E-Mails von „Atomwaffen Division“: Roth und Özdemir bekommen Morddrohungen von Neonazi-Netzwerk

Eine rechtsextremistische Gruppe gibt an, die Grünen-Politiker Roth und Özdemir auf ihrer Todesliste zu haben. Beide wollen sich nicht einschüchtern lassen.

Die Grünen-Politiker Cem Özdemir und Claudia Roth haben Morddrohungen von einem als gefährlich eingestuften Rechtsextremisten-Netzwerk erhalten. Özdemir stehe als erster Name auf einer Todesliste, schrieb Ende Oktober eine Gruppierung namens „Atomwaffen Division Deutschland (AWD)“ in einer E-Mail an das Büro des türkischstämmigen Bundestagsabgeordneten, die dem Tagesspiegel vorliegt. An Bundestagsvizepräsidentin Roth schrieb die Gruppe laut einem Bericht der Funke Mediengruppe: „Sie sind zurzeit Platz zwei auf unserer Abschussliste.“

Die beiden E-Mails gingen am 27. Oktober ein. Eine rechtsextremistische Gruppe "Atomwaffen Division" (AWD) ist in den USA bekannt. Dort gilt sie als extrem gewaltbereit. Seit einigen Monaten häufen sich die Hinweise auf einen deutschen Ableger der Organisation.

In dem Drohschreiben an Özdemir heißt es: "Zurzeit sind wir am Planen wie und wann wir Sie hinrichten werden, bei der nächsten öffentlichen Kundgebung? Oder werden sie von uns vor ihrem Wohnort abfangen?" Und weiter: "sie Türkenschwein werden für all ihre Fehler, wie auch die ihrer Partei bezahlen.“

Özdemir gab die Mail nach eigenen Angaben unmittelbar an das Bundeskriminalamt (BKA) und die Polizei im Bundestag weiter. Die Morddrohung steche in Wortwahl und Stil deutlich aus anderen Beleidigungen per Mail und in den Kommentarspalten auf Social Media hervor, heißt es in seinem Umfeld. Der frühere Grünen-Chef nehme die Drohung deshalb sehr ernst.

Özdemir, der in der Vergangenheit wegen seiner scharfen Kritik am türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan von türkischen Nationalisten massiv bedroht wurde, erhält seit längerem Personenschutz durch das BKA.

In dem Schreiben an Roth fordern die Absender die Bundestagsvizepräsidentin demnach auf, sich bis Ende dieser Woche mit einer schriftlichen Erklärung in den sozialen Medien "klar von den Grünen zu distanzieren".

Roth und Özdemir wollen sich durch die Drohungen nicht einschüchtern lassen. "Wer glaubt, uns mit seinem dumpfen Hass und seiner geschichtsblinden Hetze vom Einsatz für eine vielfältige und weltoffene Gesellschaft abbringen zu können, den muss ich bitter enttäuschen", sagte Roth den Funke-Zeitungen.

Der Grünen-Politiker Cem Özdemir.
Der Grünen-Politiker Cem Özdemir.

© dpa/Christoph Schmid

BKA sieht „abstrakt hohes Niveau“ der Bedrohung

Özdemir sagte den Zeitungen, er könne sich "auf den Begleitschutz durch das BKA verlassen". "Doch was ist mit all den Kommunalpolitikerinnen und den ehrenamtlich Engagierten, die angefeindet werden und keinen Personenschutz haben?", gab der Grünen-Politiker zu bedenken. Es müsse möglich sein, am Spielfeldrand, im Bus und auf der Betriebsfeier für eine offene Gesellschaft einzutreten, ohne danach Hasskommentare in Online-Netzwerken zu ernten.

Es müsse aber auch dafür gesorgt werden, "dass Hasskriminalität konsequenter ermittelt und zur Anklage gebracht wird", forderte Özdemir. Dafür seien "Schwerpunktstaatsanwaltschaften gegen Hasskriminalität und eine bessere Ausstattung und Ausbildung der Polizei, Strafverfolgungsbehörden und Gerichte zum Thema digitale Gewalt" notwendig.

Das BKA wollte sich nicht im Einzelnen zu der Bedrohungslage äußern. Auf Anfrage von Funke verwies es allgemein auf eine Stellungnahme der Sicherheitsbehörden vom Juli 2018: "Die Gefährdung durch extrem rechte und rechtsterroristische Gewalttaten in der Bundesrepublik Deutschland bleibt, auch nach der Ankündigung der Existenz eines deutschen Ablegers der AWD, unverändert auf einem abstrakt hohen Niveau."

Erst vor wenigen Tagen hatte die Bundesregierung ein Maßnahmenpaket gegen Rechtsextremismus beschlossen. Außer Özdemir bekamen zuletzt einige Bundes-, Landes- und Kommunalpolitiker Morddrohungen aus der rechtsextremen Szene, darunter der Thüringer CDU-Spitzenkandidat Mike Mohring. (AFP/ce)

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