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Grün-rotes Doppel: Winfried Kretschmann (vorn) und Nils Schmid.

© Jörg Carstensen/dpa

Grüner Ministerpräsident in Baden-Württemberg: Wiederwahl von Winfried Kretschmann hängt an der Asylfrage

Winfried Kretschmanns Beliebtheitswerte sind überragend - doch auch in Baden-Württemberg wachsen die Probleme bei der Flüchtlingsunterbringung. Das ist gefährlich für ihn. Ein Porträt.

Winfried Kretschmann wird dieser Tage nicht müde, einen Satz zu wiederholen, der in all der Aufregung um stetig steigende Asylbewerberzahlen die Dinge richtig einordnen soll: „Die wirklichen Probleme haben nicht wir, sondern die Flüchtlinge.“ Doch auch für den Grünen-Politiker könnten die Schlagzeilen über überbelegte Erstaufnahmestellen und hastig aufgestellte Zeltlager entlang der Autobahn zum Problem werden – gerade mit Blick auf die Landtagswahl in Baden-Württemberg im März 2016.

Erst am Freitag sah sich Kretschmann genötigt, kurzfristig nach Heidelberg zu reisen, um vor Ort die Gemüter zu beruhigen. Eine völlig überfüllte Notunterkunft, unbedachte Äußerungen seiner Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) und Anwohner, die sich mit ihren Problemen alleingelassen fühlten, hatten die Stimmung ins Wanken gebracht. Mit weitgehenden Zusagen konnte der Regierungschef die angespannte Lage fürs Erste entschärfen.

Auf Landesebene versucht der 67-Jährige mit Hilfe von „Flüchtlingsgipfeln“ möglichst viele einzubinden. Bei der bereits zweiten Veranstaltung dieser Art sagte er am Montag vieles zu, was die Kommunen und auch die Opposition zuvor gefordert hatten: mehr Erstaufnahmeplätze, mehr Geld für die Unterbringung in den Kommunen, Verzicht auf verschärfte Vorgaben über Mindestwohnflächen, mehr Abschiebungen. Auch das.

Kretschmanns Beliebtheitswerte sind überragend, und die Umfragen lassen den ersten grünen Regierungschef der Republik mit einiger Berechtigung hoffen, dass die Wähler im strukturkonservativen Flächenland seiner Koalition mit der SPD im Frühjahr 2016 eine zweite Chance gewähren könnten. Das Asylthema ist dabei die größte Unbekannte. Anhaltende Unzufriedenheit in den Kommunen, die dem Land vorhalten, zu spät auf die Entwicklung reagiert zu haben, können sich die Grünen kaum erlauben. Zumal die politischen Meinungsführer vor Ort, ob Landräte oder Bürgermeister in kleineren Gemeinden, oft genug der CDU angehören und wenig Grund haben, die Regierung mit Kritik zu verschonen.

Dass die Regierung vertraglich fixierte Zusagen über die Maximalbelegung einiger Erstaufnahmestellen wieder kassieren musste, ist da mehr als ein Schönheitsfehler. Trotzdem gibt sich Kretschmann, gemünzt aufs Asylthema, zuversichtlich: Dass die Stimmung am Kippen sei, könne er nicht erkennen.

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