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Grundgesetzänderung: Bundestag winkt Jobcenter durch

Kommunen und Arbeitsagenturen können Hartz-IV-Empfänger weiterhin gemeinsam betreuen. Der Bundestag stimmte einer Änderung des Grundgesetzes zu. Kritik erntete Arbeitsministerin von der Leyen hingegen für ihren geplanten Sparkurs.

Das jahrelange Tauziehen um den Erhalt der Jobcenter zur Betreuung der mehr als 6,5 Millionen Hartz-IV- Empfänger und ihrer Familien aus einer Hand ist beendet. Der Bundestag beschloss dazu am Donnerstag mit der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit eine Änderung des Grundgesetzes.

In namentlicher Abstimmung votierten am Donnerstag 515 Abgeordnete von Union, FDP, SPD und Grünen dafür. 71 Parlamentarier der Linksfraktion votierten dagegen. Die noch ausstehende Zustimmung des Bundesrates zu der Neuregelung gilt als sicher.

Damit bleibt die vom Bundesverfassungsgericht beanstandete gemeinsame Betreuung der Hartz-IV-Empfänger durch Kommunen und Arbeitsagenturen gesichert. Das Bundesverfassungsgericht hatte diese Mischverwaltung im Dezember 2007 als unzulässig beanstandet.

Mit der Grundgesetzänderung können die Jobcenter nun über das Jahresende hinaus auf rechtlich einwandfreier Basis weiterarbeiten. Zugleich wird die Zahl der Optionskommunen, die sich in Eigenregie - also ohne Arbeitsagentur - um die Langzeitarbeitslosen kümmern, von 69 auf bis zu 110 angehoben.

In der Debatte zeigte sich Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) erleichtert über den erst nach heftigen, vor allem unionsinternen Auseinandersetzungen gefundenen Kompromiss. Mit der fraktionsübergreifenden Jobcenterreform „haben wir einen guten Weg gefunden für eine schnelle, passgenaue Vermittlung“. Es sei nun sichergestellt, dass nicht nur alle Leistungen aus einer Hand kämen, sondern dass die zur Verfügung stehenden Mittel nicht verschwendet würden.

Mit Blick auf die geplanten Milliarden- Einsparungen in der Arbeitsmarktpolitik sagte die Ministerin, es sei keinem Arbeitslosen geholfen, „wenn das Land an seinen Schulden erstickt“ und „der Sozialstaat zusammenbricht“.

Diese Einsparungen stießen bei der Opposition auf heftige Kritik. Bisherige Pflichtleistungen für Langzeitarbeitslose künftig in Ermessensleistungen der Jobcenter umzuwandeln, ist aus Sicht der SPD- Arbeitsmarktexpertin Anette Kramme „verantwortungslos“. Für die Linkspartei sagte deren arbeitsmarktpolitische Sprecherin Sabine Zimmermann, mit der Neuregelung bessere sich nichts. „Was nicht passt, wird passend gemacht.“ Ihre Fraktion lehne die Aufteilung von Erwerbslosen in zwei Klassen - in Arbeitslose und Langzeitarbeitslose - ab.

Die Arbeitsmarktexpertin der Grünen, Brigitte Pothmer, begrüßte zwar den aus ihrer Sicht längst überfälligen Kompromiss. Für die Koalition komme dieser aber einer Niederlage gleich, hätten Union und FDP doch die Jobcenter zerschlagen wollen. „Selten ist eine Niederlage so euphorisch gefeiert worden“, sagte Pothmer.

Sprecher der Koalition lobten einhellig die Neuregelung: Der CDU-Arbeitsmarktpolitiker Karl Schiewerling sprach von einem „Meilenstein“. Damit werde der Grundsicherung für Arbeitsuchende „eine neue Perspektive“ gegeben. Für den FDP-Arbeitsmarktexperten Heinrich Kolb ist es „durch gute Zusammenarbeit“ gelungen, die aus seiner Sicht „größte sozialpolitische Herausforderung zu meistern“. (sf/dpa)

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